Das Thema Abgrenzung betrifft jeden Hochsensiblen, den ich bisher kennen lernen durfte. In einer Welt, die mit ihren täglichen millionenfachen Reizen über uns hereinbricht, ist es für Menschen mit schwächeren Filtern schwierig, sich gegenüber anderen Menschen abzugrenzen. Da die Wahrnehmung stärker strapaziert wird als noch vor 150 Jahren, werden wir mehr abgelenkt und sind schneller überreizt. In diesem Zustand fällt uns die Abgrenzung schwerer. Zudem sind Erwartungshaltungen und Leistungsdruck gestiegen. Von jedem Menschen wird mehr Präzision in seinen Handlungen in weniger Zeit erwartet. Die Verbreitung des Egoismus nimmt ebenfalls stetig zu. Das hat größere Erwartungen an die Umgebung eines jeden Egoisten zur Folge. Da sich auch Egoisten in Interessengruppen zusammenrotten, wird man oft mit der Erwartungshaltung einer ganzen Gruppe konfrontiert. Hier sei nur mal das Stichwort »Ellenbogengesellschaft« in die Runde geworfen.
Hochsensible sind vielfach introvertiert veranlagt, durch ihre Andersartigkeit mit wenig Selbstbewusstsein ausgestattet, emotional sehr feinfühlig oder mit einem Helfersyndrom behaftet. All das sorgt dafür, dass sie Schwierigkeiten haben, sich gegenüber anderen Menschen abzugrenzen.
Wenn du dazu neigst, eine grundsätzliche Abwehrhaltung gegen alles und jeden in einem oder mehreren der folgenden Bereiche zu haben, könnte eine psychische Störung vorliegen. Es ist genauso schädlich, sich dauerhaft abzugrenzen (Stichwort »Absonderung«), wie es schädlich ist, sich nie abzugrenzen. Wer sich niemals abgrenzt, könnte in Hörigkeit oder Unterwürfigkeit verfallen und Angstzustände entwickeln. In beiden Extremfällen solltest du einen Psychotherapeuten aufsuchen, der dir hilft, das für dich richtige Maß an Abgrenzung herauszufinden.
Die folgenden Kapitel zeigen Möglichkeiten auf, die bei mir und anderen, mit denen ich gesprochen habe, funktionieren. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder dass die Techniken bei dir wirken. Sie sollen dir lediglich aufzeigen, was möglich ist und dich zu eigenen Lösungsansätzen anregen.
Eine der folgenden Ideen ist die Modulation der Abgrenzung. Das bedeutet eine genaue Feineinstellung auf einzelne Personen oder sogar nur auf einige ihrer Eigenschaften. Mit dieser Technik kannst du sie gezielt abmildern oder ausblenden. Diese Technik half mir sehr weiter. Ebenso das Verständnis meiner inneren Grenzen.
WICHTIG! Für alle Grenzen gilt:
Wenn du zu sehr innerhalb deiner Grenzen lebst, kannst du dich nicht weiterentwickeln und langweilst dich irgendwann. Außerdem gibst du anderen zu viel Raum, um sich innerhalb deiner eigentlichen Grenzen zu bewegen.
Solltest du dich ständig zu weit aus deinen Grenzen herauswagen, wirst du zwangsläufig überfordert sein. Du gerätst womöglich in eine Pendelbewegung, bei der du dich immer wieder ganz in deine Mitte zurückziehst und regenerierst, um dich dann wieder hemmungslos zu überfordern.
Gesund ist es, dich zunächst auf deine Mitte zu besinnen. Von dort aus kannst du Stück für Stück heraustreten. Du solltest die Grenzen für dich selbst und andere herausfinden, diese dann auch setzen und verteidigen. Schließlich solltest du es auch wagen, die Grenzen leicht zu überschreiten. Gehe dabei achtsam vor. Dehne sie langsam aus, bis du an deinem äußersten Außenbezirk angekommen bist. Wo es dann nicht mehr weiter geht, muss auch Schluss sein. So kannst du dich immer wohlfühlen und hast dich gegenüber dir selbst und anderen abgegrenzt.
Da diese Vorgehensweise so wichtig ist, werde ich sie zur Erinnerung noch einige Male wiederholen.
Man sollte auch immer bedenken, dass eine liebevolle Abgrenzung dem Grenzüberschreiter die Möglichkeit bietet, sich weiterzuentwickeln. Vor allem durch Wiederholung der Abgrenzung wird er irgendwann darauf aufmerksam werden und vielleicht die Chance nutzen, seine Handlungen auch anderen gegenüber anzugleichen und deren Grenzen von sich aus einzuhalten.
In den folgenden Kapiteln sind Techniken erläutert, die auch von Psychologen empfohlen werden. Selbst wenn es sich esoterisch anhört, so wirken diese Techniken nach einem ganz einfachen Prinzip. Was du dir im Kopf vorstellst, wirkt sowohl auf deinen Körper, als auch nach außen. Deine Gedanken steuern unterbewusst deine Körpersprache und deine Ausstrahlung, genauso steuern sie deine internen Filtersysteme. Im Außen nehmen die Menschen dich entsprechend wahr, weil du deinen Gedanken entsprechend reagierst und in deinem Inneren veränderst du deine Einstellung, sodass du eine andere Wahrnehmung erlebst. Es handelt sich also keineswegs um Magie, sondern um reine Psychologie.
<Das Hier-und-Jetzt | Wo sind überall Grenzen?> |
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Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.