Loslassen ist ein sehr wichtiges Thema in unserer Persönlichkeitsentwicklung. Warum sollten wir etwas loslassen? Belastendes und Ablenkendes verhindert, dass wir unsere Berufung finden und/oder ausüben. Wenn du hochsensibel bist, bist du bestimmt auf der Suche nach dem Sinn deines Lebens und hast eine Ahnung, dass du eine Aufgabe mitbekommen hast, die du lösen sollst bzw. die du leben sollst und willst. Ich habe mittlerweile von etlichen Hochsensiblen gelesen und gehört, die ihre Entwicklung als HSP soweit abgeschlossen haben. Sie leben nun die meiste Zeit im Einklang mit sich selbst und haben ihre Berufung gefunden. Mir geht es zum Teil ebenso und zum anderen Teil bin ich auf dem Weg. Seitdem ich mein Urvertrauen gefunden habe, weiß ich genau, wozu ich hier bin und was ich leisten und vollbringen kann. Die meisten Hochsensiblen kommen um die Lebensmitte herum an diesen Punkt. Sie schulen dann noch einmal um, wechseln in die Selbstständigkeit oder dort ihr Betätigungsfeld. Sie bemerken, dass sie ihr halbes Leben nicht das getan haben, was ihnen entspricht. Viele beginnen, neben ihrem Brotjob anderen Tätigkeiten nachzugehen. Oft wird der Wechsel hin zu Arbeit mit Menschen vollzogen, oder zu kreativer und künstlerischer Arbeit: Gesundheitsfürsorge, psychologische Betreuung, Altenbetreuung, erzieherische Tätigkeiten, Schriftstellerei, Malerei, Bildhauerei, Musik, Tanz oder Theater. Die Liste ließe sich noch beliebig in diese Richtungen weiterführen. Das Loslassen und das Finden des Urvertrauens sind wichtiger Teil unserer Entwicklung.
Doch um an den Punkt zu gelangen, an dem wir ohne Selbstzweifel unserer Berufung nachgehen und ein einigermaßen sorgenfreies Leben führen können, sind vorher noch etliche Schritte notwendig. Diese können schnell vonstatten gehen oder auch Jahre in Anspruch nehmen. Je nachdem wie weit dein derzeitiges Leben von deiner Berufung entfernt ist, dauert es länger. Wenn du verstrickt bist, solltest du die Knoten und Stricke vorsichtig und behutsam lösen. Auf keinen Fall rate ich dir an irgendeinem Punkt dazu, alle Stricke zu durchschlagen und eine schnelle Lösung anzustreben. Das kann zu viel Leid und Schmerz für dich und in deiner Umgebung führen.
Die Arbeit an sich lohnt sich auf jeden Fall, solange du das Ziel nicht aus den Augen verlierst: Loslassen, Urvertrauen und Berufung finden.
Wie funktioniert Loslassen?
Es ist immer wieder derselbe Ablauf: Wenn dir etwas auffällt, das du loslassen willst, dann beobachte den Verlauf genau. Mach dir bewusst, was mit dir geschieht, wenn du die Situation durchlebst. Schaue hin und erkenne den Kern der Sache. Akzeptiere sie als einen Teil von dir. Lerne damit zu leben und versuche nach der Akzeptanz, sie zu lieben.
Oder kurz:
- Erkennen,
- Bewusste Wahrnehmung,
- Akzeptanz,
- Auflösung.
Der Effekt ist folgender: Wenn du etwas genau anschaust, findest du schnell heraus, aus welchem Grund etwas so ist, wie es ist. Du durchschaust den Mechanismus, der dahinter steckt. Wenn es dich wirklich stört, wirst du automatisch eine Maßnahme ergreifen, die dich von diesem Mechanismus befreit. Wenn du den Umstand akzeptierst und sogar liebst, vergibst du dir und allen Beteiligten, dass es diesen Umstand überhaupt gibt. Du änderst dein Verhalten und somit löst sich der Grund auf.
Dabei solltest du immer beachten, dass du nicht alles loslassen musst, um dein Urvertrauen zu erlangen. Einige Teile der Dinge, die sich für dich negativ auswirken, beherbergen auch vielleicht deine größten Stärken. So kann ein ängstlicher Mensch irgendwo einen Teil in der Angst finden, aus dem seine Zuverlässigkeit und Loyalität erwächst. Solltest du dann deine Ängste komplett abbauen? Eher doch nur den Teil, der dich wirklich stört oder hemmt, dein Urvertrauen zu erlangen. Wenn dir allerdings wahre Freiheit wichtig ist, dann werden dir die meisten Ängste im Weg sein. Wenn diese Freiheit Grundlage deiner Kreativität ist, solltest du vielleicht tatsächlich möglichst alle Ängste loswerden.
Gibt es dabei eine Falle?
Hochsensible neigen dazu, sich selbst einen hohen ethischen Anspruch aufzubürden. Durch die sensible Wahrnehmung und einen feinen Sinn für Gerechtigkeit kann es geschehen, dass du die moralischen Regeln für sein eigenes Leben hoch ansetzt. Wenn du nun feststellst, dass das eigene Verhalten bisher nicht zielführend war (falsch gibt es eigentlich nicht, da alle Erfahrungen deiner Entwicklung dienen), fällt es dir mitunter schwer, dies vor dir selbst einzugestehen. Statt mit dem Loslassen und der Auflösung des Problems oder der Schwäche zu beginnen, schiebst du sie beiseite, um dir den Irrtum selbst nicht eingestehen zu müssen. Hier hilft die Einsicht, dass jeder Mensch Fehler macht und sich Schwächen hingibt. Dies ist auch dir erlaubt. Du musst es dir nur selbst ebenfalls erlauben. Wenn du nicht ehrlich und wahrhaftig mit dir selbst umgehst, wie willst du es dann anderen gegenüber sein. Fasse den Mut, dich selbst zu erkennen und zuzugeben, dass du nicht perfekt bist. Ebenso geht es Menschen, die anderen von sich ein perfektes Bild liefern möchten. Stehe zu deinen Fehlern und Schwächen auch anderen gegenüber und beweise ihnen, dass du stark genug bist, deine Fehler und Schwächen zuzugeben. Denn dies ist wirkliche Stärke.
Wer dich liebt, wird keinen anderen Menschen in dir sehen und wer dich nach deiner Wandlung nicht mehr akzeptiert, der war vorher nie ein Freund.
Die zweite Falle ist unser Erwachsenen-Ich. Das Ego identifiziert sich bisweilen stark mit dem Status quo und will nichts daran ändern. Selbst wenn deine Situation eine richtig miese sein sollte, so redet dir dein Verstand ein, dass sich das alles viel zu gut anhört, um wahr zu sein. Oder dass du es (noch) nicht schaffen kannst, all deine Unzulänglichkeiten loszuwerden. Du weißt schließlich gar nicht, wie es ist, wenn du alles losgelassen hast und das Urvertrauen erlangst. Vor allem bist du dir nicht sicher, ob sich der ganze Aufwand lohnt. Dir geht es ja eigentlich gut. Eigentlich gut? Eigentlich? Gut? Verspürst du jeden Morgen Lebensfreude, wenn du aus dem Bett hüpfst und den neuen Tag begrüßt? Bist du vollkommen zufrieden mit deinem Leben und den Menschen um dich herum? Besitzt du genügend Energie, um das zu tun, was du liebend gerne tun möchtest? Traust du dich überhaupt das zu tun, was dir entspricht? Bist du wirklich du selbst?
Das Erwachsenen-Ich ist es gewohnt, den Hauptteil deines Wesens einzunehmen. Diesen Platz will es um keinen Preis der Welt abgeben. Deswegen redet es in dir alle Veränderungen erst einmal schlecht. Dein Gefühl stimmt vielleicht beim Lesen der Texte zu, aber dann kommen die Zweifel. Diese werden hinterlistiger Weise vom Ego gestreut. Es schürt die Angst und mindert das Selbstvertrauen. Wenn du das Erwachsenen-Ich an seinen Platz verweisen möchtest, dann kannst du es mit derselben Technik wie oben beschrieben loslassen. Genau hinschauen, wie es funktioniert, es als das akzeptieren, was es ist, es dann wohlwollend in seine Schranken weisen und ihm die Aufgaben zuweisen, für die es ab jetzt zuständig ist.
Probiere es aus und schau dir den Erfolg an. Die kleine leise Stimme gehört deinem Neugeborenen-Ich und die Zweifel und Ängste zum Erwachsenen-Ich.
Warum soll ich überhaupt etwas loslassen?
All jenes, das ich in den nächsten Kapiteln vorstellen werde, raubt dir täglich Energie. Wenn du die wichtigsten Dinge, die dich betreffen und dich stören loslässt, gibst du viel weniger Energie aus und bist mit einem Mal ein enegiegeladener Mensch. Außerdem belasten dich die entsprechenden Dinge psychisch und emotional. Nach dem Loslassen fühlst du dich befreiter.
<Höheres-Ich | Vergangenheit> |
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Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.