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Inhaltsverzeichnis

Mit Achtsamkeit zum Urvertrauen

Hochsensibilität im Alltag

Markus Walz

Mit Achtsamkeit zum Urvertrauen

Hochsensibilität im Alltag

Markus Walz

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Das Buch zur Hochsensibilität in neuem Gewand und erweitertem Inhalt. Einige Texte entsprechen den Inhalten dieser Webseite, viele Tesxte habe ich überarbeitet und neu verfasst.

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Der Ozean unter der Pfütze

Im fol­gen­den Kapi­tel ver­su­che ich zu beschrie­ben, wie sich das Innen­le­ben eines hoch­sen­si­blen im Ver­gleich zum nor­mal­sen­si­blen Men­schen aus­sieht. Die meis­ten HSP geben an, ein leb­haf­tes Innen­le­ben zu haben. Es geht mir dabei nicht darum, Nor­mal­sen­si­blen Ober­fläch­lich­keit zu unter­stel­len und sie her­ab­zu­set­zen. Jeder Mensch hat seine eigene Mischung aus Bedürf­nis­sen, Fähig­kei­ten und Schwä­chen. Viel­mehr möchte ich einen Umstand auf­klä­ren, der mir durch etli­che HSP zuge­tra­gen wurde. Sie ver­ste­hen nicht, warum die­ses leb­hafte Innen­le­ben so anders ist, als bei ande­ren und wie sich das aus­wir­ken kann. Die Tief­grün­dig­keit lei­tet sich von der Tat­sa­che ab, dass sich HSP sehr gründ­lich und inten­siv mit The­men aus­ein­an­der­set­zen, sie bis zu ihrem Grund ver­fol­gen und aus­lo­ten. Des wei­te­ren wer­den sie gerade von phi­lo­so­phi­schen, ethi­schen, psy­cho­lo­gi­schen und spi­ri­tu­el­len The­men ange­zo­gen, die die meis­ten Men­schen eben kaum oder gar nicht inter­es­sie­ren. Die meis­ten Men­schen inter­es­sie­ren sich eher für all­täg­li­che The­men und hin­ter­fra­gen ihre Umwelt nicht so detail­liert, wie HSP. Trotz­dem will ich dir keine Ober­fläch­lich­keit unter­stel­len, denn die Tiefe des Innen­le­bens eines HSP birgt viel­fäl­tige Pro­bleme und Konflikte.

Auch wenn einige Absätze für sie pro­vo­kant klin­gen, bitte ich dich dies zu ent­schul­di­gen und für dich zu igno­rie­ren. Dann betrifft es dich nicht.

Tag­ein tag­aus begeg­nen wir Men­schen, die uns ein wenig ken­nen. Wir haben das Gefühl, dass jeder Mensch einen ande­ren Teil­aspekt von uns kennt, jedoch nie­mand das Ganze sieht. Sie neh­men nur eine Facette wahr. Vor allem die Men­schen, die in tie­fere Schich­ten vor­drin­gen wol­len und kön­nen, sind rar gesät.

Mir sind etli­che Men­schen begeg­net, die ich inter­es­sant fand, weil ich einen Teil ihrer Denk­weise mochte. Ich dachte, sie müss­ten ebenso tief­grün­dig sein wie ich selbst. Doch nach sehr kur­zer Zeit inten­si­ven Ken­nen­ler­nens stellte ich fest, dass keine tie­fe­ren Schich­ten mehr zu Tage tra­ten. Die Schich­ten beschränk­ten sich meis­tens auf diese eine Rich­tung, die mich fas­zi­nierte. Damit meine ich, dass ich tie­fer in die jewei­li­gen The­men ein­steige, die mich inter­es­sie­ren und inten­si­ver damit befasse. Bei den meis­ten Men­schen stieß ich rela­tiv schnell an das Ende ihres Gedan­ken­gan­ges zum jewei­li­gen Thema. Ebenso waren sie nicht an einem brei­ten Spek­trum an The­men inter­es­siert, wie ich und mach­ten sich nicht so viel Gedan­ken um die Welt, wie sie funk­tio­niert und warum alles so ist, wie es ist.

Als sie merk­ten, dass sie bei mir nur an der Ober­flä­che kratz­ten und sich dar­un­ter noch viel mehr ver­barg, wurde ihnen zum Teil mul­mig und sie ach­te­ten dar­auf, nicht mehr so tief zu sto­chern. Die Bezie­hung zu die­sen Men­schen war für meine Ver­hält­nisse ober­fläch­lich. Sie reagier­ten sogar oft beun­ru­higt. Bei ihnen war es so, dass es nur den Men­schen mit einer oder zwei Sei­ten gibt.

Zum Bei­spiel:

  • Daniel der Land­wirt, der jedes Jahr nach Wacken fährt
  • Julius, der Dach­de­cker, der bei der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr ist
  • Klaus, der Mana­ger und Borussia-Fan
  • Jes­sica, die Fri­seu­rin und Partygängerin
  • Regina, die Bän­ke­rin und Handballerin
  • Ste­fa­nie, die Laden­in­ha­be­rin und Motorradfahrerin

Sie ent­wi­ckel­ten sich bis zu einem Punkt und blie­ben ab da auf ihrem Sta­tus Quo ste­hen. Über Jahre und Jahr­zehnte ändert sich bei ihnen nichts außer der Fami­li­en­stand. Das ist nicht wei­ter tra­gisch. Der Unter­schied liegt nur darin, dass HSP sich ihr gan­zes Leben ent­wi­ckeln und oft die Inter­es­sen wech­seln, beson­ders in Pha­sen, in denen sie sich selbst hin­ter­fra­gen. Den meis­ten HSP wird es irgend­wann lang­wei­lig, sich wei­ter­hin mit dem­sel­ben Thema zu beschäf­ti­gen, das sie in vol­ler Tiefe und Breite aus­ge­lo­tet haben.
Bei uns ist es eher

  • Mar­kus, von Beruf IT-Spe­zia­list, Foto­graf, Gitar­rist, Schrift­stel­ler, Haus­sa­nie­rer, Gar­ten­lieb­ha­ber, Koch, Welt­ver­bes­se­rer und Radfahrer
  • Finja, von Beruf Sta­ti­ons­lei­tung im Alten­heim, Wel­ten­bumm­le­rin, Gera­ni­en­züch­te­rin, Kla­vier­spie­le­rin, Bas­ket­bal­le­rin, Opern­lieb­ha­be­rin, Kunst­ex­per­tin und Möbelschreinerin

Wenn man sich dann irgend­wann sprung­haft ohne äußere Not ver­än­dert, ist das Nor­mal­sen­si­blen nicht ganz geheuer. In den meis­ten Fäl­len ver­än­dern sie ihren Sta­tus Quo nur, wenn ein äuße­rer Zwang auf sie aus­ge­übt wird.

Die Nor­mal­sen­si­blen, die nicht die­sen beson­de­ren Tief­gang besit­zen, füh­len sich unwohl, weil sie uns nicht zur Gänze erfas­sen kön­nen. Sie sehen nur unsere ober­fläch­li­che Pfütze. Wenn sie ein wenig darin her­um­sto­chern, fin­den sie kei­nen Boden, an dem sie auf­hört. Es geht immer wei­ter in die Tiefe. Doch wenn es kein für sie spür­ba­res Ende gibt, dann wis­sen sie nicht, was sie in der Tiefe noch erwar­tet. Ein altes See­fah­rer-Sprich­wort lau­tet: In der Tiefe der See lau­ern Gefahr und Tod. Die­ses Gefühl tritt bei jenen Men­schen uns gegen­über auf. Jeman­den, den man nicht hun­dert­pro­zen­tig ein­schät­zen kann, der ist unheim­lich, dem kann man nicht ganz ver­trauen. Dazu kommt, dass Hoch­sen­si­ble meist stil­ler wer­den, wenn sie bemer­ken, dass ihre Gesprächs­part­ner sie nicht ver­ste­hen. Die­ses Schwei­gen ist aber jedem Men­schen unheim­lich. Je weni­ger man über einen Men­schen weiß, desto grö­ßer ist die weiße Lein­wand, auf die man etwas pro­ji­zie­ren kann. Dies sind meis­tens eigene Eigen­schaf­ten oder Erfah­run­gen mit ande­ren Men­schen, die dem Hoch­sen­si­blen in irgend­ei­ner Art ähneln. Zudem ten­die­ren wir Men­schen immer dazu, erst ein­mal schlechte Eigen­schaf­ten in andere zu pro­ji­zie­ren, damit wir nicht von ihnen ent­täuscht wer­den können.

Neh­men wir an, du bist ein sehr stil­ler Typ und ähnelst vom Äuße­ren einem Men­schen, mit dem ich schlechte Erfah­run­gen gemacht habe. Dann pro­ji­ziere ich so lange unbe­wusst des­sen Eigen­schaf­ten auf dich, bis du mir durch Gesprä­che und Infor­ma­tio­nen über dich beweist, dass du ein ganz ande­rer Typ bist. Auch wenn du eini­ges Posi­ti­ves von dir Preis gibst und einen net­ten Ein­druck hin­ter­lässt, kann dir noch fol­gen­des passieren.

Aus der Sicht des nicht so tief­gän­gi­gen Menschen:

Zunächst ver­stehe ich viele Dinge nicht, die der andere sagt und es kommt zu Miss­ver­ständ­nis­sen. Wenn es um imma­te­ri­elle oder gar spi­ri­tu­elle Dinge geht, wider­spre­chen die Ein­sich­ten sogar denen, die ich gelernt und nicht wei­ter hin­ter­fragt habe. Mit der Zeit kommt bei mir der Ver­dacht auf, dass der andere, sich für etwas Bes­se­res hält, weil er viel mehr weiß oder an mehr glaubt. Er gibt damit an. Außer­dem könnte in dem Teil der Tiefe, den ich nicht durch­schauen und in den ich nicht hin­ein­bli­cken kann, ein Mas­sen­mör­der lau­ern, ein Ver­ge­wal­ti­ger, ein Gewalt­ver­bre­cher, eine Gift­mi­sche­rin oder sons­tige schlimme Mons­ter. Also ziehe ich mich auf siche­res Ter­rain zurück und sto­chere nicht wei­ter herum. Wenn mein Gegen­über aus der Rolle fällt, in der ich ihn gerne sehen möchte, blo­cke ich instink­tiv alles ab, was er sagt und wechsle das Thema schnell.

Aus unse­rer Sicht:

Ein inter­es­san­ter Mensch taucht in mei­nem Leben auf. Ich lerne ihn bin­nen kur­zer Zeit ken­nen. Meine bes­ten Eigen­schaf­ten sind das Zuhö­ren, Ver­ste­hen und Mich-in-andere-hin­ein­ver­set­zen-kön­nen (Empa­thie). Des­we­gen öff­nen sich andere mir gegen­über flugs. Ich stelle ebenso schnell fest, dass die andere Per­son recht ober­fläch­lich ist und nicht so tief­grün­dig, wie ich zunächst ver­mu­tete. Um sicher­zu­ge­hen, zeige ich noch andere Sei­ten von mir. Der Andere wehrt diese Sei­ten ab und drängt mich dazu, mich so zu ver­hal­ten, wie er mich gerne haben möchte. Bin ich noch ziem­lich am Anfang mei­ner Ent­wick­lung, lasse ich das zu und ver­halte mich wie gewünscht. Wenn ich älter bin, das Selbst­ver­trauen gewach­sen ist und die Abgren­zung bes­ser klappt, wende ich mich von die­sen Men­schen eher ab und ziehe mei­ner Wege oder lasse sie am Rande mitlaufen.

In frü­he­ren Sta­dien der Ent­wick­lung nei­gen wir noch dazu, ab und an jeman­den in die Tiefe zu zer­ren. Wir öff­nen uns ihm ganz und zei­gen ihm all unsere Sei­ten und Nuan­cen. Irgend jemand muss uns doch ver­ste­hen kön­nen. Damit sto­ßen wir ihn jedoch eher ab. Er denkt, dass er in unse­rem Ozean zu ertrin­ken droht, da er nicht alles erfas­sen kann. Der Mensch reagiert dann in Panik und ver­sucht, so schnell als mög­lich von uns fort­zu­kom­men. Mir ist das ein paar Mal pas­siert, bevor ich es auf­gab, mich jeman­dem ganz zu öff­nen. Erstaun­lich war dann der Zeit­punkt, an dem ich meine erste hoch­sen­si­ble Freun­din traf, mit der ich offen über alles reden konnte und die viele Ansich­ten mit mir teilte und mich bis in die tiefs­ten Schich­ten ver­stand. Als dann vor Kur­zem noch eine wei­tere Freun­din auf­tauchte, die bei­nahe so tickt wie ich, war mein Wunsch in Erfül­lung gegan­gen, dass end­lich jemand mich voll und ganz nach­voll­zie­hen kann oder es zumin­dest versucht.
Ins­ge­heim wün­schen wir uns alle den Men­schen, der sei­nen Kopf in die Pfütze steckt, den Ozean sieht, der sich dar­un­ter befin­det, hin­ein­springt und mit Acht­sam­keit die Wun­der ent­deckt, die sich dort ver­ber­gen. Die Gedan­ken, Ideen, Gefühls­viel­falt, den Witz, den Charme, die Ver­rückt­hei­ten, die Güte und die Liebe, die uns inne­wohnt erkun­det und sie für sich wahr­nimmt. Doch so einen Men­schen gibt es nicht oft. Die Ein­zi­gen, die uns nach­voll­zie­hen kön­nen, sind selbst hoch­sen­si­bel, denn nur die haben einen ähn­li­chen Ozean in sich.

Für alle, die nun immer noch den­ken, wir wol­len etwas Bes­se­res sein:

Der tiefe Ozean hält tat­säch­lich viele dunkle Ecken bereit. Wir wer­den mit sehr vie­len Ängs­ten gebo­ren und aktiv kon­fron­tiert, durch­le­ben die tiefs­ten Geheim­nisse unse­rer Seele und stel­len uns unse­ren dunk­len Sei­ten bewusst. (Man­che ver­drän­gen sie auch bewusst.) Einige Hoch­sen­si­ble ver­fal­len dar­über in Depres­sio­nen. Andere haben lebens­lange Schuld­ge­fühle, weil sie Dinge getan haben, die sie als viel schlim­mer erach­ten, als sie in Wirk­lich­keit sind.

Wir müs­sen unsere dunkle Seite anneh­men und lie­ben ler­nen, bevor wir glück­lich wer­den kön­nen. Es ist nicht wirk­lich leicht, das zu tun. Wir müs­sen uns all unse­ren Ängs­ten stel­len, die in die­sem Ozean auf­war­ten, um unse­ren Frie­den zu fin­den. Daran schei­tern nicht wenige. Ihr Schick­sal sind see­li­sche Krank­hei­ten bis hin zum Wahn­sinn oder sie ver­fal­len in Süchte, um den Ozean zu unter­drü­cken, um die Gefühls- und See­len­welt abzutöten.
Oft hätte ich gerne mit jeman­dem getauscht, der sich weni­ger Gedan­ken um sein Leben, seine Umwelt und den tie­fe­ren Sinn macht und ein­fach vor sich hin lebt. Es ist also nur ein wirk­li­cher Vor­teil, wenn man nicht an den Her­aus­for­de­run­gen zer­bricht, die die Tie­fen die­ses Oze­ans bereit­hal­ten. Aller­dings ist es dann ein wun­der­ba­rer Ort, den ich nie mehr mis­sen möchte.

<Effek­ti­vi­tät Die Macht ist mit dir>

Sie befin­den sich mit­ten im Buch. Star­ten Sie mit dem Lesen bitte am Anfang.
Ich bitte Sie, das Vor­wort und das Kapi­tel Selbst­ent­wick­lung zu lesen, bevor Sie fortfahren.

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