Gerade Hochsensible haben Schwierigkeiten, bei sich selbst zu bleiben und die eigenen Grenzen zu erkennen. Selbst wenn sie ihre Grenzen kennen, halten sie sie oft nicht ein. Eine Taumelbewegung zwischen totalem Rückzug in sich selbst und ungeschütztem Bewegen in Territorien anderer ist keine Seltenheit. Bei der Abgrenzung geht es um das Bewusstsein bezüglich der eigenen Grenzen und der anderer Menschen. Jeder Mensch besitzt ein Territorium, das allein ihm zusteht. Das umfasst mindestens seinen Körper, seinen Geist, seine Emotionen und seine Energie. Während Geist, Emotionen und Energie grenzenlos sind, ist der Körper begrenzt. Er ist der Anker im Hier-und-Jetzt. Um ihn herum verstehen wir einen Radius von mindestens einer Armlänge als unseren Intimbereich. Hier dürfen im Normalfall nur wenige, ausgesuchte Menschen eindringen.
Wie verstehst du das Wort Abgrenzung?
Denkst du dabei an eine Mauer oder einen hohen Zaun, zum Aussperren von Menschen, die dich verletzen könnten? Oder denkst du eher an einen Schild, den du vor dir herträgst oder eine Ritterrüstung, die dich schützt? Wenn du nur so denkst, dann wappnest du dich lediglich davor, deine Grenzen nach außen zu verteidigen. Doch denkst du auch daran, die Grenzen anderer zu respektieren? Oder überschreitest du sie gerne mal, um von ihnen zu bekommen, wonach dich gelüstet oder ihnen zu helfen oder ihnen Gutes zu tun? Überschreitest du auch die Grenzen, die du dir selbst setzt und schaust zu lange fern oder vergisst beim Lesen die Zeit? Setzt du dir überhaupt selbst Grenzen? Wo genau liegen deine Grenzen in den einzelnen Bereichen? Kannst du sie präzise definieren? Weißt du immer schon vorher, wenn du dich deinen Grenzen näherst? Weißt du vorher, wenn andere deine Grenzen überschreiten werden? Weißt du vorher, wo die Grenzen anderer verlaufen? Oder weißt du erst dann, wo eine Grenze verläuft, wenn sie überschritten wurde? Du folgst da eher deinem Instinkt? Dann weißt du es also nicht genau?
Das ist meist das Problem. Das Thema Abgrenzung wird unterschätzt, falsch interpretiert oder ganz ignoriert. Irgendwie wurschtelt man sich schon durch. Ist doch eine ganz natürliche Sache! Brauch ich nicht lernen!
Weit gefehlt!
Wenn du nicht genau weißt, wo deine Grenzen auf allen Ebenen verlaufen, dann kommt es häufiger zu Grenzverletzungen. Denn du kannst ja nicht kommunizieren, dass hier jetzt gerade eine deiner Grenzen liegt.
Jetzt fragst du dich vielleicht, wo eigentlich überall Grenzen liegen können. Es gibt vier Bereiche, sowohl im Inneren als auch im Äußeren, in denen du deine Grenzen kennen solltest:
- • Innere Grenzen (dir selbst gegenüber)
- • Äußere Grenzen (anderen gegenüber)
Jeweils:
- • Körperliche Grenzen
- • Psychische Grenzen
- • Emotionale Grenzen
- • Energetische Grenzen
So viele? Das ist doch viel zu viel, um es zu lernen!
Nein, ist es nicht. Viele Grenzen wirst du schon gesteckt oder zumindest erkannt haben. Zum Beispiel beim Verzehr bestimmter Lebensmittel, wie lange du spazieren gehen kannst, wann dir zu warm oder zu kalt ist. Das sind die einfachen Grenzen. Dein Körper zeigt sie dir genau.
Wo fängt man am besten an, um die restlichen Grenzen zu erschließen?
Man beginnt zunächst mit den einfachen Dingen. Finde deine Mitte und verbinde Geist und Körper, um dich im Hier-und-Jetzt zu verankern und zu erden. Erdung ist ein wichtiges Lernziel.
Aus deinem inneren Zentrum heraus kannst du dann langsam deine Grenzen ausloten. Keine Angst, du musst dazu nicht unbedingt Bungee Jumping machen, Fallschirmspringen oder Steilwände erklimmen, wenn dir das nicht liegt.
Wie man sein Zentrum finden kann:
Eine Möglichkeit, dein Zentrum zu finden, möchte ich dir im Folgenden vorstellen.
Für eine gute Erdungsübung solltest du zuerst einmal die Bedürfnisse deines Neugeborenen-Ichs befriedigen. Hunger und Durst sollten gestillt sein, du solltest ausgeruht sein und keinen körperlichen Drang verspüren. Weder Harndrang noch Bewegungsdrang oder Ähnliches.
Dann kannst du die im Kapitel beschriebene »Stehender Baum-Meditation« durchführen. Sie dauert nicht lange.
Egal, ob du an Energiearbeit glaubst oder nicht, nach der Übung fühlst du dich allein durch die Konzentration auf dich und deinen Körper erfrischt und entspannt. Als Nebeneffekt hast du nun den Platz in dir gefunden, der dein Zentrum darstellt. Des Weiteren wirst du feststellen, dass du mehr im Hier-und-Jetzt verankert bist. Du eilst mit den Gedanken nicht mehr weit voraus oder hängst auch nicht alten Erinnerungen nach. Deine Konzentrationsfähigkeit sollte sich schlagartig verbessert haben. Wenn du den Teil mit der Entspannung der Muskulatur überspringst, kannst du mit der Technik der Energieaufnahme innerhalb von Minuten neue Kraft schöpfen. Allerdings wird hierbei die Erdung nicht so stark erfolgen, die sich durch die auf deinen Körper gerichtete Achtsamkeit erst richtig einstellt. Anstatt dich auf deinen Körper zu konzentrieren, kannst du einfach bewusst tief ein- und ausatmen, während du die Körperhaltung des Stehen Baums einnimmst. Die Atemmeditation verankert dich genauso im Körper.
Eine wichtige Erkenntnis ist die Annahme deiner Begrenztheit. Geist, Emotionen und Energie sind praktisch unbegrenzt. Nichts ist im Universum so reichhaltig vorhanden wie Energie. Sie ist schier endlos und kann nicht verbraucht, sondern nur transformiert werden. Gedanken sind grenzenlos, da sie sowohl im Raum als auch in der Zeit überallhin reisen können. Und deine Emotionen werden nicht versiegen, solange dein Körper existiert. Die Seele kennt sowieso keine Grenzen. Nur dein Körper wird müde, braucht Nahrung, muss bewegt und gepflegt werden. Er kann krank oder beschädigt werden. Und er befindet sich immer in der Gegenwart an einem einzigen Ort. Er hat klar umrissene Grenzen, die er dir deutlich mitteilt.
Jede ausgelebte Grenzenlosigkeit in der einen Ebenen führt dich an die Grenzen der anderen Ebenen oder noch schlimmer: darüber hinaus. Wenn du dich in Gedankenpalästen herumtreibst oder durch den Kontakt mit anderen Menschen oder den Konsum von Büchern oder Bewegtbildern in deiner Emotionalität schwelgst, wirst du zwangsläufig deinen Körper vernachlässigen. Wenn du nur körperlichen Betätigungen nachgehst, viel Sport treibst, dich körperlich verausgabst, wirst du geistig abbauen, da dein Geist keine neue Nahrung bekommt. Solltest du nur deinen Gedanken nachhängen oder deinen Geist beschäftigen, vernachlässigst du deinen Körper und vielleicht auch deine Emotionen.
Die Höhenflüge auf der einen Seite, äußern sich durch Mangelerscheinungen auf der anderen Seite. Deine drei Ichs werden ihre Bedürfnisse jeweils vehement einklagen. Es wird dich jede Menge Energie kosten, wenn du sie ignorierst. Irgendwann gelingt dir das Ignorieren nicht mehr und du stellst fest, dass dir alles zu viel geworden ist. Dann ziehst du dich womöglich für Stunden oder Tage in dein kuscheliges Wohn- oder Schlafzimmer zurück, um wieder ins Gleichgewicht zu gelangen. Hier bist du so tief innerhalb deiner Grenzen, dass du unterfordert wirst. Bald brauchst du wieder die Stimulation, um einen Sinn im Leben zu sehen. Diese Pendelbewegung kannst du unterbrechen, indem du dir selbst deine Begrenztheit vor Augen führst, dir bewusst Grenzen setzt und dich auch an diese hältst.
Die inneren und äußeren Grenzen verlaufen immer fließend. Solange du nur allein bist und frei entscheiden kannst, wann du eine Grenze für dich erreicht hast, ist es noch relativ einfach sie zu achten. Sobald du jedoch mit anderen Menschen zusammen bist, musst du die Grenze kommunizieren und eventuell sogar verteidigen.
Ein Beispiel: Du sitzt gemütlich alleine abends vorm Fernseher und merkst, dass du müde wirst. Deine Energie für den Tag ist aufgebraucht. Hin und wieder gähnst du schon. Du entscheidest, dass die Sendung zwar interessant und es gerade so gemütlich auf deinem Sofa ist, doch du machst doch lieber Schluss und gehst zu Bett. Die Grenze ist erkannt und eingehalten.
Die gleiche Situation mit anderen Menschen um dich herum verläuft ganz anders: Du sitzt bei Freunden und ihr schaut zusammen eine Sendung im Fernsehen. Die Sendung wird noch etwa eine Stunde dauern. Du bemerkst, dass deine Energie für den Tag sich dem Ende zuneigt und du ins Bett möchtest. Dein Heimweg dauert noch zwanzig Minuten. In einer halben Stunde könntest du bereits im Bett liegen. Die Stimmung ist gerade schön. Du weißt, dass du Unruhe in die Runde bringen wirst, wenn du jetzt aufbrichst. Doch wenn du die Stunde noch bleibst, wirst du erst in neunzig Minuten im Bett liegen. Eher noch später, weil ihr nachher über die Sendung reden werdet. Du weißt genau, dass sich das am nächsten Morgen bemerkbar machen wird. Der nächste Tag wird sich schwieriger gestalten. Du überlegst durchzuhalten. Doch eigentlich ist das nicht sinnvoll, da du ja auch fit genug für die Heimfahrt sein musst. Jetzt ist der Punkt gekommen, deine Grenze im Inneren zu ziehen und sie nach außen zu wahren. Du kündigst an, dass du jetzt losfahren wirst, weil du sehr müde bist. Einige deiner Freunde betiteln dich als Spaßbremse oder schlimmeres. Nun bist du gezwungen, deine Grenze nach außen zu verteidigen. Du erklärst, dass du gerne noch bleiben würdest, der Tag jedoch anstrengend war und du wirklich ins Bett musst, um den morgigen Tag gut überstehen zu können. Du kannst noch hinzufügen, dass es nichts mit den Freunden oder der Sendung zu tun hat. Wenn dir weitere Überredungsversuche entgegenschlagen, musst du standhaft bleiben, sonst nehmen deine Freunde den Raum ein, den du ihnen freiwillig überlassen hast. Beim nächsten Mal werden sie wieder versuchen, deine Grenze aufzuweichen und dich zum Bleiben zu überreden. Da es einmal geklappt hat, werden sie ihre Anstrengungen verdoppeln. Hast du durchgehalten, verabschiedest du dich und gehst.
Im Endeffekt wirst du nicht als Spielverderber hingestellt. Im Gegenteil: Die Freunde, die auch gehen wollten, sich aber nicht getraut haben, ihre Grenzen zu verteidigen, werden sich anschließen und dir dankbar sein. Der Rest akzeptiert dein Bedürfnis und wird dir vielleicht vom Ausgang der Sendung berichten. Beim nächsten Mal kannst du sie sogar darauf vorbereiten, dass du eventuell nicht den ganzen Abend durchhalten wirst. Da sie froh sind, dass du überhaupt an den gemeinschaftlichen Treffen teilnimmst, werden sie das akzeptieren.
Den inneren Schweinehund besiegen und sich Grenzen setzen, ist schon schwer genug. Diese dann aber auch noch gegenüber anderen zu verteidigen ist die eigentliche Kunst.
In diesem Beispiel haben wir auch gleich gesehen, wo die meisten Grenzen liegen: dort, wo es dir gerade noch gut mit der Situation geht und du keine Nachteile verspürst. Sobald du dich nicht mehr gut fühlst, hast du eine Grenze überschritten.
Warum sollten wir nicht immer ein wenig Abstand zu unseren Grenzen halten, so dass wir erst gar nicht an sie heran gelangen?
Den Übertritt der Grenzen nach außen und die Konsequenzen sind wohl jedem klar. Der ständige Aufenthalt im inneren Bereich deiner Grenzen (der Komfortzone) verhindert, dass du dich weiterentwickeln kannst. Dies ist jedoch ein Grundbedürfnis aller Menschen und insbesondere von Hochsensiblen. Du wirst permanent unterfordert und langweilst dich. Weil du dem Bedürfnis zur Entwicklung nicht nachkommst, baust du zusätzlichen inneren Druck auf. Das erzeugt Stress. Bezogen auf die Muskulatur gibt es hierzu ein gut nachvollziehbares Beispiel. Wenn du zu viel Sport treibst und trainierst, dann bekommst du Muskelkater oder verletzt dich sogar (z. B. Muskelfaserriss). Fährst du jedoch das Training bis auf ein Minimum herunter, weil du dir deiner Grenzen nicht sicher bist, dann verkümmern deine Muskeln und du wirst schwach. Dann machst du dir deswegen Selbstvorwürfe und schränkst dich ein, weil du nicht mehr so fit bist. Deswegen ist es wichtig, deine Grenzen auszuloten. Bis wohin kannst du trainieren, ohne Muskelkater zu bekommen? Das dient aber nur dem Erhalt. Was passiert, wenn du heute mal ein kleines Quäntchen weiter gehst? Dann wachsen deine Muskeln wieder ein klein wenig und du kannst dich weiterentwickeln. Am nächsten Tag legst du noch eine Kleinigkeit drauf und stellst fest, dass du deine Grenze bereits ausgedehnt hast. So kommst du langsam an den Punkt deiner vollen Entfaltung. An diesem Punkt fällt es dir auch nicht mehr schwer, die erreichte Muskelmasse aufrechtzuerhalten. Jetzt erst bist du an deiner natürlichen Grenze angelangt. Alles darüber hinausgehende wäre eine Überforderung.
Zusammengefasst bedeutet dies: Halte dich nicht zu weit außerhalb deiner Grenzen auf, um dich nicht zu überfordern. Ziehe dich nicht zu lange in das Zentrum deines Reviers zurück, sonst unterforderst du dich.
Jede Grenze liegt dort, wo es dir am besten geht. Wenn das positive Gefühl für die Sache oder die Einstellung beginnt zu versiegen, ist die Grenze bereits überschritten.
Innere Grenzen finden
Wenn du dich geerdet und in dein Zentrum zurückgezogen hast, dann wage dich so schnell, wie möglich wieder daraus hervor und suche dir einen Umstand aus, der dich schon lange nervt. Zum Beispiel, dass du nicht mehr aufhören kannst zu naschen, wenn du einmal angefangen hast. Oder, dass du nicht mehr aufhören kannst, TV zu schauen, wenn du das Gerät erst mal eingeschaltet hast. Auch Tagträumen nachhängen, die dich von anderen Dingen abhalten und viel zu lange in sozialen Netzwerken stöbern oder Computerspiele spielen gehören dazu. Such dir einen Umstand aus, bei dem du keine Grenzen zu anderen Menschen berührst, sondern nur deine inneren. Dann führst du die Tätigkeit aus und bleibst achtsam. Es gibt einen Punkt, an dem der Energiegewinn, den du durch diese Tätigkeit erreichst, umschlägt in einen Energieverlust. Wenn du zu viel Schokolade gegessen hast, wird dir schlecht. Wenn du zu lange TV schaust, tun dir die Augen weh. Wenn du zu lange Computer spielst, wirst du nervös. Nun gehe in deiner Achtsamkeitserinnerung einen Schritt zurück. An dem Punkt, wo es dir mit deiner Tätigkeit noch sehr gut ging, aber du bereits gemerkt hast, dass das nicht mehr lange so bleiben wird, liegt deine Grenze. Bei mir ist das bei Schokolade so etwa bei 75 Gramm. Oder beim TV schauen bei 50 Minuten, beim Internet surfen bei etwa 30 Minuten und beim Tagträumen bei etwa einer Stunde. Natürlich geh ich auch immer mal wieder über meine Grenzen, doch dann ist mir bewusst, dass ich es tue. Weißt du vorher, dass du deine Grenzen überschreiten wirst, kannst du ja zum Beispiel einem 180-Minuten-Kinofilm einen Spaziergang einplanen. Oder du räumst die Wohnung auf und regenerierst dich durch Bewegung.
Je achtsamer du mit dir selbst umgehst und bewusst bei dir bleibst, desto schneller findest du deine Grenzen.
Ein sehr gutes Beispiel ist das Essen. Wenn du eine Mahlzeit zu dir nimmst, dann lasse dich nicht ablenken durch TV, Radio, die Tageszeitung, ein Buch oder dein Smartphone. Sei ganz bei deinem Essen und genieße es. Sobald du achtsam isst, wirst du feststellen, dass du mehr schmeckst, langsamer isst, mehr kaust und entspannter bist. Außerdem wirst du insgesamt weniger essen und länger satt bleiben. Psychologische Studien haben gezeigt, dass die Menge an Nahrung, die unbewusst – also unter Ablenkung – verspeist wird, nicht korrekt vom Gehirn wahrgenommen wird. Du isst mehr und das Gehirn sagt nach kürzerer Zeit, dass es wieder Zeit für Nahrung sein müsste. Hörst du auf deinen Appetit, statt auf den hungrigen Bauch, isst du dann bereits die nächste Mahlzeit. Verheerend ist dies zum Beispiel bei Knabbereien vor dem Fernseher, beim Computerspielen oder im Kino. Dort ist dein Gehirn von der Ablenkung regelrecht gefesselt und achtet nicht darauf, dass der Körper etwas zu sich nimmt. Plötzlich ist die Verpackung leer und du weißt nicht so recht, ob du das wirklich alles selbst verspeist hast.
Wenn du eine Grenze gefunden hast, kannst du ihre Einhaltung trainieren, indem du dir Zeitlimits mit einem Wecker oder Timer stellst und auch wirklich auf das Klingeln hörst und deine Tätigkeit einstellst. Für Mengeneinhaltungen solltest du dir einfach eine Waage und eine Schale holen, die du immer dann benutzt, wenn es um Süßigkeiten, Mahlzeiten oder Obst und Gemüse geht. Oder eine bestimmte Glasgröße für koffein- oder zuckerhaltige Getränke. Benutze am besten immer dasselbe Behältnis, denn es wird mit der Zeit für den Körper und deine Achtsamkeit selbst zu einem Signal. »Das ist die Naschschüssel, jetzt sind Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gefordert.«
Schreib dir deine Grenzen in ein kleines Notizbuch, wenn du befürchtest, auf eine zu stoßen und sie dir nicht merken zu können.
Äußere Grenzen finden
Die Grenzen nach außen hin, zu anderen Menschen oder Tieren, findest du ebenso mit Achtsamkeit und zusätzlich Empathie.
Wenn du etwas sagst oder tust, dass andere seltsam reagieren lässt, hast du wahrscheinlich deren Grenze bereits überschritten. Andersherum fühlst du dich unwohl, wenn andere deine Grenzen überschreiten. Wie bemerke ich nun, wo meine Grenzen liegen, bevor jemand sie durchbricht?
Es ist dasselbe, wie mit inneren Grenzen. Achte darauf, wie lange es dir mit einer Situation gut geht. Sobald du anfängst, dich unwohl zu fühlen, nähert sich jemand deinen Grenzen. In solchen Fällen solltest du demjenigen ganz klar deutlich machen, dass hier eine Grenze für dich erreicht ist. Das ist wichtig, denn nicht jeder versteht deine Anspielungen oder körperlichen Reaktionen.
Ebenso hilft dir deine Empathie, zu spüren, wie wohl sich dein Gegenüber fühlt. Wird er unruhig oder verändert sich sein Ausdruck? Begibt er sich in eine Abwehrhaltung oder zieht er sich zurück?
Hier solltest du Abstand wahren, auch wenn derjenige nichts geäußert hat. Das gilt sowohl im körperlichen als auch im kommunikativen und geistigen Sinn.
Beispiel:
Du unterhältst dich mit einem Kollegen, den du nicht so oft triffst. Er mag dich sehr gerne, und da ihr zusammen lacht, kommt er immer näher an dich heran. Dir wird mulmig, denn du magst es nur, wenn Menschen, die du gut kennst, in deinen Tanzbereich kommen. Als er nur noch einen halben Schritt entfernt ist, weichst du zurück. Dabei kannst du schon sagen: »Du, sei mir nicht böse, aber ich brauche immer ein wenig Abstand.« Der Kollege wird das Bedürfnis respektieren. Wenn nicht, werde deutlicher und mache ihm klar, dass du gehen wirst, wenn er deine Grenze nicht respektiert.
Nachdem ihr euer Gespräch zu Ende geführt habt, kommt eine Kollegin zu dir, die du ebenfalls nur alle paar Wochen siehst. Dein letzter Wissensstand war, dass ihr Hund operiert werden musste. Nachdem ihr eure berufliche Angelegenheit geklärt habt, unterhaltet ihr euch und du fragst nach dem Gesundheitszustand ihres Haustiers. Als sie spontan das Thema wechselt, kannst du dir denken, dass sie darüber nicht sprechen will. Du respektierst ihre Grenze und wechselst mit zum neuen Gesprächsabschnitt.
In beiden Fällen fühlen sich alle Parteien wohl. Der Kollege ist froh, weil er nun weiß, dass du Nähe nicht schätzt und dein Zurückweichen nichts mit ihm persönlich zu tun hat. Deine Kollegin ist dir dankbar, weil du sie nicht mit einem unangenehmen Thema gelöchert hast. Du fühlst dich wohl, weil im ersten Fall deine Grenze respektiert wurde und du im zweiten kein Fettnäpfchen erwischt hast, sondern gerade noch so daran vorbeigeschlittert bist.
<Einführung Abgrenzung | Innere physische Grenzen> |
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Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.