Nicht alle, die mehr sehen, hören oder schmecken können, sind hochsensibel. Wo ist hier der Unterschied?
Ich kenne einige sehr empfindliche Personen. Sie können laute Geräusche nicht ertragen, haben sehr lichtempfindliche Augen, frieren viel schneller, als die meisten Menschen oder die Haut ist ebenso empfindlich, wie die von manchem Hochsensiblen. Sie sind dazu vielleicht noch intelligent und gebildet. Sie denken viel über die Welt um sich herum nach und geben an, ein lebhaftes Innenleben zu haben.
Als ich sie kennen lernte, dachte ich, sie sei ebenfalls hochsensibel.
Wieso hatte ich mich in diesem Punkt geirrt? Wo war der Unterschied zu einem Hochsensiblen? Mit der Zeit stellte sich heraus, dass sie kaum emphatische Fähigkeiten ausgebildet hatten und es ihnen immerzu nur darum ging, dass ihre eigenen Bedürfnisse – möglichst von anderen – befriedigt werden. Was mit den Menschen um sie herum los war, kümmert sie nicht. Sie waren größtenteils unreflektiert und gingen davon aus, immer im Recht zu sein und automatisch das Richtige zu tun. Sie sind nicht wie ein Hochsensibler in der Lage, bei anderen Menschen einzuschätzen, wie es ihnen geht und wie sie emotional aufgestellt sind. »Ausstrahlung« halten sie für ein Gerücht und glauben nicht, dass es sie gibt, geschweige denn Menschen, die sie lesen können. Des Weiteren fehlt ihnen die Fähigkeit, in Menschen, Tieren oder Dingen aufzugehen und die Schönheit in Kleinigkeiten, in der Natur oder in Kunstwerken zu sehen und zu erspüren. Bei ihnen tritt der Effekt des Überreizt-Seins erst sehr viel später ein im Vergleich zu Hochsensiblen.
Die Empfindlichen sehen nur die negativen Dinge ihrer leicht erweiterten Wahrnehmung. Sie sind immerzu am Jammern, was ihnen nicht passt, was ihnen fehlt und was sie unbedingt bräuchten, um ein angenehmes Leben zu führen. Sie haben anscheinend nicht den Zugriff auf die höhere Ebene, können deswegen nicht so ohne Weiteres auf ihr Inneres hören und mit dessen Hilfe Entscheidungen treffen. Sie haben nicht die Weitsicht und das Einfühlungsvermögen, wie es bei Hochsensiblen verbreitet ist. Allerdings haben sie ebenfalls die Nachteile nicht, die sich aus der Hochsensibilität ergeben.
Und vor allen Dingen: Sie verstehen uns nicht, wenn wir mit ihnen so reden, wie wir mit einem anderen Hochsensiblen reden würden. Sie können uns nicht nachvollziehen.
Trotzdem sind es oft nette Menschen, nur eben keine Hochsensiblen. Wobei HSM nicht automatisch nette Menschen sind.
Bei einigen dieser empfindlichen Menschen hat sich herausgestellt, dass sie Menschen mit Asperger Syndrom sind, einer ganz eigenen Sammlung spezieller Bedürfnisse, die sich teilweise mit denen der HSP überschneiden. Das Asperger Syndrom ist Teil des Autismus-Spektrums. In meinem Leben habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich Menschen mit Autismus zu mir hingezogen fühlen, da ich einfach in sie hineinblicken kann und sie sich von mir verstanden und angenommen fühlen. Ich kann sehr gut mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen umgehen, da ich selbst welche besitze.
Mehrere HSP haben mir gegenüber im Gespräch zugestimmt und erzählt, dass es bei ihnen ebenso sei. Eine HSP gab an, eine sehr harmonische und schöne Beziehung mit einem Asperger Autisten geführt zu haben, bei der ihr lediglich die Empathie fehlte und sie immer das Gefühl hatte, sie würde emotional nur sehr wenig zurück erhalten.
Warum, schreibe ich das hier auf? Ich möchte damit festhalten, dass anscheinend eine Verbindung zwischen HSP und Autisten existiert. Ebenso gibt es Normalsensible, die in einigen Bereichen empfindlich und trotzdem keine HSP sind. Dieser Text enthält keinerlei Bewertungen, sondern soll einfach nur eventuell vorhandene Verwirrung auflösen, die ich und andere mir bekannte HSP ebenfalls erlebt haben.
Mein Grundsatz »Alle Menschen sind verschieden und haben jeweils eigene Bedürfnisse« gilt hier ebenfalls.
<Keine Krankheit | Sensorik> |
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Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.