Selbstentwicklung ist seit langer Zeit ein florierender Wirtschaftszweig der Gesellschaft. Ob es nun religiöse, weltliche oder spirituelle Entwicklung betrifft, so wird sie mittlerweile von ganzen Industrien bedient. Das menschliche Bedürfnis, mehr zu sein, als man zurzeit ist, wird seit alters her von erfolgreichen Menschen vorgelebt und Ihnen bereits von Kindesbeinen an eingetrichtert. Ob es Kirchenmänner, Wirtschaftsweise, Jobcoaches, Politiker, Lehrer, Motivationstrainer oder gar Eltern und Großeltern sind, sie alle wollen nur Ihr Bestes: dass es mit Ihnen vorangeht. Sie sollen ein besserer, erfolgreicherer, wohlhabenderer, gebildeterer oder effektiverer Mensch werden.
Genau diese Mechanismen vermitteln Ihnen allerorts und zu jeder Zeit das Gefühl, nicht zu genügen. „Ich bin nicht gut genug für diese Welt.“ Doch stimmt das wirklich? Das Gefühl, nicht genug zu sein, kann zu Resignation, Ohnmachtsgefühlen, Aggressionen, Depressionen, Narzissmus, Egoismus und sogar Hass führen.
In unserer derzeitigen Gesellschaftsform ist alles auf Wachstum ausgerichtet. Speziell in Deutschland wird seit dem goldenen Wirtschaftswunder darauf geachtet, dass der eigene Wohlstand mit den Nachbarn und Freunden verglichen wird. Hierdurch entsteht ein Wettkampf des Mehr. „Mein Auto ist teurer, mein Haus ist größer, meine Kinder sind besser erzogen.“ „Ich arbeite viel mehr oder viel schwerer als mein Nachbar.“ „Ich kann mir einen Urlaub in Island oder auf Hawaii leisten, nicht nur am Bodensee oder auf Mallorca.“ „Ich ernähre mich gesünder und treibe mehr Sport.“ Genauso funktioniert auch der spirituelle oder religiöse Vergleich. „Ich gehe öfter zur Kirche und bete fleißig zehnmal am Tag.“ „Ich meditiere 3 Stunden am Stück täglich und spüre mich der Erleuchtung schon viel näher als der Rest meiner Meditationsgruppe.“
All diese Vergleiche schicken Sie in ein Hamsterrad des Mehr. Sie sind sich nicht genug. Bereits Kindergarten und Schule lehren Sie die Unterschiede zu anderen Kindern, soziale Schichten und die Notwendigkeit, im Wettkampf des Lebens bestehen zu können. Dieser Wettkampf wird Ihnen als das notwendige Übel verkauft, das Sie eingehen müssen. Erfolg muss hart erarbeitet und erkämpft werden. Wenn uns die Evolution eins gelehrt hat, so ist es, dass nur der Stärkere und Fleißigere überlebt.
Das ist grundfalsch! Darwin hat uns gelehrt, dass nicht überall die Stärksten überleben. Warum haben es sonst Pandas und Faultiere geschafft? Pandas verfügen über so wenig Energie, dass ein Kampf untereinander sie töten könnte, ohne dass sie sich eine einzige Verletzung zufügten. Sie würden so viel Energie ausgeben, dass es nicht mehr reicht, um diese durch den Verzehr von Bambus wieder aufzustocken. Sie würden während der Nahrungsaufnahme verhungern. Bambus liefert nur sehr wenig Energie. Trotzdem hat diese Spezies Jahrtausende überlebt. Genauso die Faultiere, deren extrem niedriger Stoffwechsel die langsamen Bewegungen hervorruft. Faultiere existieren nachweislich seit 30 Millionen Jahren. Etliche Varianten der Spezies sind ausgestorben, vor allem die am Boden lebenden. Doch die in den Bäumen hängenden Tiere haben überlebt. Warum? Weil die Evolution jene Spezies bevorzugt, die sich einen eigenen Lebensraum – eine Nische – geschaffen haben.
Seien Sie also Sie selbst. Seien Sie sich genug. Sie müssen sich nicht verbessern. Sie sollten nur gut auf sich achten. Vielleicht genügt Ihnen dieser Absatz bereits, um all Ihre Probleme zu lösen.
Sie sollten Ihre Entwicklung nicht aus dem Anspruch heraus betreiben, sich perfektionieren zu wollen. Sollte dies der Grund für Sie sein, dieses Buch zu lesen, dann empfehle ich Ihnen dringend die beiden Kapitel zum Perfektionismus zu lesen. Diese Einstellung wird Sie nur unnötig unter Druck setzen und kann zu einem Zwang werden. Die eigene Weiterentwicklung sollte aus dem Bedürfnis betrieben werden, die Teile ihres Wesens aufzulösen, die ihnen das Leben erschweren und sie daran hindern, Sie selbst zu sein. Alles, was in Ihnen unerklärt ist, was Ihnen seltsam vorkommt, was Ihnen im Weg erscheint, wird in Ihnen nach einer Auflösung verlangen.
Lassen Sie sich auch in der Selbstentwicklung nicht von marktschreierischen Menschen verblenden, die Ihnen den einzigen und wahren sowie schnellen Weg zum Ziel Ihrer Entwicklung versprechen. Der Weg ist hier eindeutig das Ziel. Nichts, was Ihnen von außen begegnet, kann Ihnen wirklich helfen, solange es nicht in Ihnen zu einer Resonanz kommt. Dieser Widerhall zeigt Ihnen eindeutig, ob die Vorschläge und Hilfestellungen von außen für Sie gemacht sind. Sie tragen alle Lösungen für jedes Ihrer Probleme in sich selbst. Es gilt nur diese Lösungen aufzudecken oder zu finden. Manchmal können Sie das durch äußere Inspiration erreichen und ein anderes Mal können sie so lange in sich hinein hören, bis Sie die Antwort aus dem Inneren präsentiert bekommen.
Die Selbstentwicklung erfordert viel Achtsamkeit und Aufgeschlossenheit. Hören Sie deswegen bitte immer auf Ihr Gefühl und nehmen Sie sich auch aus diesem Ratgeber nur das heraus, was Sie für sich gebrauchen können. Es geht immer nur um das, was Sie brauchen, nicht was ihr Kopf will.
Deswegen gebe ich Ihnen lediglich ein paar Erklärungen und Techniken an die Hand, die Sie umsetzen können, wenn Sie möchten. Sie wissen selbst am besten Bescheid über Ihre Problemstellungen. Stürzen Sie sich nicht übereifrig in die jeweiligen Themen, sondern gehen Sie bitte immer mit Bedacht und Ihrem Gefühl an die einzelnen Kapitel.
Mir geht es jedes Mal so, wenn ich ein Buch über Spiritualität oder Selbstentwicklung zu lesen beginne, dass ich bereits auf den ersten Seiten spüre, ob ich mich in dem Text wiederfinde. Ist dies nicht der Fall, lese ich erst gar nicht weiter. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass man das passende Buch oder den passenden Menschen zur Seite gestellt bekommt, wenn die Zeit reif ist und nicht wenn man es erzwingen will.
Die Texte in diesem Buch sollen nur als Ideen und Anregungen dienen. Sie sind kein Weg und schon gar nicht der Einzige. Das bitte ich immer zu beachten.
Außerdem soll es nicht dazu führen, dass Sie Ansprüche gegen andere richten. Frei nach dem Motto: »Ich bin hochsensibel, nimm gefälligst Rücksicht auf mich.« Hochsensibilität ist keine Krankheit, sondern ein Wesenszug. Dazu nicht einmal Ihr einziger. Niemand ist ausschließlich hochsensibel. Das ist nur ein Teilaspekt Ihres gesamten Wesens. Vielleicht stellen Sie es sich am besten als Sammlung von Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und Bedürfnissen vor. Jeder Mensch hat seine ganz spezielle Mischung aus diesen Dingen. Ich möchte Ihnen primär dabei helfen, die Effekte der Hochsensibilität zu verstehen. Ich möchte Ihr Verständnis Ihrer speziellen Mischung gegenüber verbessern. Sie sollten nicht andere Menschen dazu bringen, auf sie acht zu geben. Vielmehr sollten Sie Ihre Lebensweise und Umgebung so gestalten, dass Sie besser mit sich selbst umgehen können.
<Vorwort | Was ist Hochsensibilität?> |
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Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.