Urvertrauen ist ein Wort, das bereits seit Jahrhunderten in der deutschen Sprache verankert ist. Sei es das Urvertrauen in Gott, das Urvertrauen ins Universum oder das Urvertrauen ins eigene Schicksal. Es bedeutet immer dasselbe.
Urvertrauen ist der Zustand, in dem Babys geboren werden, die keine andere Möglichkeit haben, als bedingungslos darauf zu vertrauen, dass sich jemand um sie kümmert. Das Urvertrauen bleibt in Kindern so lange bestehen, bis es von Ängsten und Enttäuschungen durch negative Erfahrungen überlagert wird. Es ist die felsenfeste Überzeugung, dass das Leben so verlaufen wird, wie es gut für einen ist. Eine Einstellung, die einhergeht mit einer niemals schwindenden Fröhlichkeit und unbändigen Lebensfreude, der Leichtigkeit des Seins. Egal was passiert, das Leben und meine Umgebung kann mir nichts Schlimmes anhaben.
Mir wurde von verschiedenen Menschen erzählt, dass ihnen, seitdem sie das Urvertrauen wiedererlangt haben und ihrem Gefühl folgen, nichts mehr passiert ist, mit dem sie nicht gut umgehen konnten. Das Urvertrauen verhindert nicht, dass schlimme Dinge geschehen. Es hilft dabei, sich nicht unterkriegen zu lassen und besser mit negativen Situationen umgehen zu können, sie sogar bei Zeiten vorbeugend umschiffen zu können.
Wenn man nicht mehr mit dem Kopf durch die Wand will, erkennt man oft schon früh die Warnzeichen schlechter Dinge und kann diese umgehen.
Das Urvertrauen ist niemals ganz weg, abgestorben oder vernichtet. Es schlummert in uns und wir können es wieder von den Dingen befreien, die es überlagern. Es wird durch Ängste, Traumata, negative Erlebnisse, Ersatzbefriedigung der Bedürfnisse, zu hoher Wertung des materiellen Besitztums, Perfektionismus, Ungeduld und Helfersyndrom begraben. Lässt man die Dinge los, die einen vom Urvertrauen trennen, dann kann man es vollständig wiederherstellen. Genauso wird es von Menschen unterdrückt, denen wir zu viel von unserem Raum gegeben haben, indem wir uns nicht gut abgegrenzt haben oder von einer Grenze, die wir zu dicht um uns gezogen haben und in der wir uns nun gefangen fühlen.
In der heutigen Zeit wird das Urvertrauen ein Mindset genannt – eine psychische Einstellung. Bereiche der Psychotherapie arbeiten mit Mindsets. Wenn man seine geistige Einstellung ändert, kann man sein ganzes Leben verändern. So wäre das Urvertrauen ein ultimatives Mindset, denn es verbindet die Selbstliebe, das Selbstvertrauen und das Vertrauen auf eine gute Zukunft.
Frei nach dem Motto »Der Mensch ist seines eigenen Glückes Schmied« ändern wir die Sicht auf uns selbst, genauso wie die Sicht anderer auf uns. Das verändert die Aktionen, die wir vollführen genauso wie die Interaktion mit anderen Lebewesen. Seien es nun Menschen oder Tiere. Nur wer sich selbst aufrichtig liebt, kann auch andere aufrichtig und ohne Erwartungen lieben. »Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst« bedeutet im Umkehrsatz »Liebe dich selbst, so sehr du vermagst, dann liebst du auch alle anderen in gleicher Weise.« Leider wird dieser Leitsatz der Nächstenliebe aus der Bibel heutzutage als Aufforderung verstanden, andere zu lieben, auch wenn man sich selbst nicht liebt, das Wohl der anderen also über das eigene Wohl zu stellen, was in der Verkümmerung des eigenen Selbst endet.
Selbstliebe wird oft mit Egoismus oder Narzissmus verwechselt, obwohl sie komplett unterschiedliche paar Schuhe sind. Selbstliebe ist die Achtung und Versorgung des eigenen Selbst und die vernünftige Abgrenzung zu anderen, ohne anderen dabei Schaden zuzufügen. Egoismus ist die Achtung und Versorgung des eigenen Selbst auf Kosten anderer. Narzissmus die Selbstverliebtheit und der Drang, selbst im Mittelpunkt zu stehen und bewundert zu werden. Das ist ein himmelweiter Unterschied.
Durch die Selbstliebe kommt automatisch gesundes Selbstvertrauen. Selbstvertrauen hat viel damit zu tun, sich selbst und seine Schwächen und Stärken zu kennen und diese zu akzeptieren und zu achten. Du solltest deine eigenen Schwächen nicht als schwerwiegender einschätzen als die der anderen. Da nur du selbst deine eigenen Gedanken zu hundert Prozent mitbekommst, bemerkst du auch diejenigen, die sich nie nach außen Bahn brechen würden. Deswegen empfindest du dich vielleicht als schlechterer Mensch. Lass dir gesagt sein, dass alle Menschen von Zeit zu Zeit schlechte Gedanken hegen. Du solltest auch nicht die Stärken anderer zu sehr bewundern und sie höher einstufen als deine eigenen. Deine Stärken sind genauso viel Wert wie die der anderen. Aber genauso wenig sollst du beides anders herum sehen. Deine Schwächen sind genauso schwerwiegend wie die der anderen und deine Stärken sind auch nicht mehr wert.
Viele Hochsensible haben eine gut ausgebildete emphatische Fähigkeit. Diese ermöglicht es ihnen, in andere »hineinzufühlen« und sich in sie hineinzuversetzen. Wir können Menschen schnell einschätzen und merken dann, wenn man uns belügt oder hintergeht. Wenn das Vertrauen auf diese Fähigkeit nicht durch Zweifel überlagert wird, können wir uns schnell von Menschen, die uns nicht geheuer sind abgrenzen. Also fallen wir nicht mehr so oft auf sie rein. Das meiste Böse geht von Menschen aus, ebenso die meisten Schicksalsschläge, die uns nicht durch Krankheiten ereilen.
Wenn du dich somit selbst liebst und auf deine Wahrnehmung, deine Fähigkeiten und dein Gefühl vertraust, minimierst du die Möglichkeiten, dass dir Schlechtes widerfährt. Du solltest dich nur davor hüten, dir vorzumachen, dass du schon so weit bist, obwohl dir nur der Kopf vormacht, dass du soweit bist. 🙂
Das Urvertrauen kann gewonnen werden, indem du das Neugeborenen-Ich mit dem Höheren-Ich gleichschaltest (synchronisierst) und das Erwachsenen-Ich nur zum Datenabgleich in Entscheidungen einbindest, vielleicht um Rahmenbedingungen festzulegen.
<Was ist Achtsamkeit? | Einführung Innere Familie> |
Sie befinden sich mitten im Buch. Starten Sie mit dem Lesen bitte am Anfang.
Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.