Als hochsensibler Mensch wirst du höchstwahrscheinlich gerade in jungen Jahren dazu neigen, dich zu überfordern. Du befindest dich in einer Ausbildung oder einem Studium samt Nebenjob. Hinzu kommen noch Treffen mit Freunden, Shoppingtouren durch die Einkaufszentren der Städte und Festivalbesuche. Beinahe jedes Wochenende gehst du freitags und samstags feiern und trinken. Am Sonntag trifft sich die Familie zum Essen und einem Ausflug.
Sonntagnachmittags brichst du dann im Bett zusammen und weißt nicht mehr, wie du am Montag noch arbeiten sollst. Am liebsten würdest du dich krankmelden und erst mal drei Tage schlafen.
Selbst an einem einzigen Wochentag kannst du dich prima überreizen.
Morgens aufstehen, schnell zur Arbeit fahren, da du lieber erst im letzten Moment aufstehst. Schließlich ist ausschlafen wichtig. So fängt der Tag bereits mit Stress und Hektik an. Auf dem Weg zur Arbeit überlegst du schon einmal, was du heute unbedingt alles schaffen musst. Sobald du angekommen bist, arbeitest du sofort los.
Bürohengste (und ‑stuten): Bis zur Mittagspause ist schon ein wenig erledigt, doch auf dem Schreibtisch stapeln sich noch jede Menge Arbeitsaufträge. In der Zwischenzeit kommt der Chef vorbei und verlangt noch zwei Zusammenstellungen von Quartalsdaten. Das hat zwar noch Zeit, sagt er, aber du erledigst das am besten sofort, damit der Chef zufrieden mit dir ist und du es nicht vergisst. In der Mittagspause gehst du mit den Kollegen in der Kantine oder in einem Restaurant essen. Du möchtest schließlich mitbekommen, was es so Neues in der Firma gibt, schließlich willst du kein Außenseiter sein. Ihr quatscht alle ganz angeregt miteinander. Nach der Pause arbeitest du gleich weiter. Ein Kollege bittet dich, für ihn einen Auftrag zu übernehmen, da er nicht damit zurechtkommt und du doch ein Spezialist auf dem Gebiet bist. Du ärgerst dich zwar, weil es nicht das erste Mal ist, dass der Kollege seine Arbeit an dich abschiebt, aber du tust ihm den Gefallen. Vielleicht nimmt er dir auch irgendwann mal etwas ab, wenn du nicht damit zurechtkommst. (Was er natürlich unter fadenscheinigen Ausreden niemals tut.) Irgendwie hast du sowieso immer den Eindruck, dass du hier doppelt so viel wegschaffst, wie die Kollegen. Während der Arbeit nerven dich der laute Lüfter deines PCs und die schlechte Luft im Büro. Sobald du das Fenster öffnest, schreit irgendwer sofort, dass er noch erfriere. Erstunken sei ja noch niemand. Du kämpfst dich durch die Mittagsmüdigkeit und hast den Eindruck, dass sie dich stärker trifft als die Kollegen. Dein Kopf fühlt sich an, als würde er gleich nach vorn kippen und du würdest einem Schlafanfall erliegen. Während des Teammeetings um 14 Uhr kannst du deine Augen kaum noch offen halten. Deswegen schüttest du literweise starken Kaffee in dich hinein. Das putscht dich bis zum Feierabend auf, so dass du noch jede Menge Aufträge abarbeiten kannst. Bei jedem anderen Menschen wirkt Kaffee nicht so lange, doch wir Hochsensiblen sind empfänglicher für alle Medikamente, Nervengifte und Aufputschmittel. Sie wirken schon in sehr niedriger Dosierung und in normalen Dosen viel stärker und länger.
Deswegen bist du nach dem Feierabend ganz aufgekratzt und musst unbedingt noch etwas unternehmen. Also trommelst du deinen Freundeskreis zusammen und ihr geht zusammen essen. Alternativ stellen sich zum Feierabend die nachlassende Wirkung des Kaffees und eine starke Müdigkeit ein. Deine Freunde fragen, ob du noch etwas mit ihnen unternehmen möchtest. Du bist hin und her gerissen zwischen deinem Bedürfnis nach Ruhe und dem Bedürfnis, deine Freunde zu sehen. Du entscheidest dich, mit ihnen auszugehen.
Der Austausch ist sehr anregend und bereitet dir Freude. Später dann zuhause fällt dir ein, dass du noch einiges an Hausarbeit erledigen musst. Damit es nicht so langweilig ist, hörst du laute Musik oder ein Hörbuch dabei. Als dann endlich Schluss ist, sitzt du mit deinem Lebensgefährten oder deiner Lebensgefährtin auf dem Sofa und schaust noch Nachrichten und danach ein paar Serienfolgen. Um elf oder zwölf Uhr gehst du zu Bett und hast Einschlafschwierigkeiten. Als du endlich in den Schlaf gleitest, ist er unruhig und nicht besonders erholsam.
Arbeiter: Bis zur Mittagspause hast du schon einiges geschafft. Was dich jedoch immer ärgert, ist die Geschwindigkeit, in der du arbeiten musst. Eigentlich würdest du die Sachen lieber präzise und ordentlich erledigen. Aber da der Vorarbeiter drauf drängt, dass ihr Meter schafft, bist du gezwungen zu pfuschen. Du siehst auch die Pfuschereien der Kollegen um dich herum. Wärst du der Auftraggeber, würdest du die Arbeit so nicht abnehmen. Allerdings bemerkt man den Pfusch nicht bei der Abnahme. Erst viel später könnte es dazu kommen, dass das ganze Werkstück nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert. Außerdem hast du ständig den Eindruck, dass du viel mehr schaffst als die meisten Kollegen. Dafür ist der Chef mit dir auch besonders zufrieden. Solange du ihm nicht damit auf den Keks gehst, ihn auf die Fehler aufmerksam zu machen oder Verbesserungen vorzuschlagen, bist du der beste Mann. Vielleicht bringt dich das ja in der Hierarchie der Firma weiter. Während der Mittagspause setzt du dich zu den anderen und ihr redet über die Frauen, übers Motorradfahren und was so alles bei den Kollegen passiert ist. Du willst ja kein Außenseiter sein. Nach der Mittagspause wirst du sehr müde. Du musst höllisch aufpassen, dass du dich oder andere nicht verletzt. Beinahe wären dir die Augen zugefallen. Warum sind die anderen eigentlich nicht so müde? Vielleicht können die ja einfach mehr ab? Der Lärm nervt dich schon die ganze Zeit, und wenn du den Gehörschutz trägst, drückt der ganz schön gegen den Kopf. Das nervt auch. Ohrstöpsel sind auch nicht das Wahre, da hast du immer das Gefühl, deine Ohren platzen gleich. Der Staub ist widerlich und die Lackdämpfe brennen in der Nase. Weil die Kollegen nicht so müde sind, schaffen sie in der Zeit mehr und du musst noch ein bisschen vor dem Feierabend reinhauen. Wenn die Arbeit zu Ende ist, bist du vom Kaffee aufgeputscht und von allem anderen genervt. Also musst du erst mal Dampf ablassen. Deswegen triffst du dich mit deinen Kumpels und ihr geht erst mal ein Bierchen trinken. Es wird über allerlei Themen gefachsimpelt, wobei du immer öfter merkst, dass die eigentlich nicht so richtig Ahnung haben. Wieso weißt du eigentlich immer mehr über die Themen Bescheid? Und warum reißen die auch nach zehn Jahren immer noch dieselben flachen Witze? Zuhause bist du noch immer nicht runtergekommen, also werkelst du noch schnell in deiner Werkstatt. Deine Freundin geht dir derweil auf den Keks, weil du lieber mit den Kumpels unterwegs bist, anstatt Zeit mit dir zu verbringen. Dabei willst du sie doch nur nicht mit deiner Laune belästigen. Die Kumpels können das ja schließlich ab. Als dann endlich Feierabend für heute ist, legt ihr zusammen die Füße hoch und schaut noch die Nachrichten und einen Actionfilm.
Ähnliche Szenarien kann man ebenso für andere Berufsgruppen finden. Auch bei Pflegepersonal und für Selbstständige Kleinunternehmer treffen die meisten Aussagen zu.
In den beiden Beispielmodellen gibt es viele Übereinstimmungen. Du nimmst viele Eindrücke im Laufe des Tages wahr. Manche stimulieren dich und dein Gehirn, andere nerven dich, weil sie stupide sind oder dein Wohlfühlgefühl beeinträchtigen. Beide Tagesabläufe räumen dir nicht genügend Pausen ein. Im Alter von 18 bis 30 macht dir dieser Tagesablauf noch nicht viel aus. Irgendwann kommen vielleicht noch Kinder hinzu, die viel Aufmerksamkeit und Beschäftigung fordern. Mit 30 wird es dann für dich immer schwieriger, die Energie für den Tagesablauf aufzubringen. Das geht so weit, bis irgendwann mit 40 oder 45 der Tag in dieser Form für dich nicht mehr zu bewältigen ist. Dann kommen zusätzliche Fragen und mehr Druck auf dich zu. Druck, den du dir selbst verpasst. Warum kriegst du das nicht mehr hin, obwohl andere denselben Turnus doch spielend meistern? Die gehen immer noch am Wochenende feiern, während du platt in der Ecke herumliegst und viel Ruhe brauchst. Du fragst dich, ob du faul geworden bist oder ob es wirklich am Alter liegt.
Was bei so einem Tagesablauf wirklich passiert ist Folgendes:
Du stehst auf und stresst dich direkt, weil du nicht zu spät zur Arbeit kommen willst. Eventuell hast du einen Partner, der morgens gleich hellwach ist und mit seinen Gedanken und Träumen auf dich einstürmt. Das heißt, du bekommst schon früh morgens Input, den du verarbeiten musst. Selbst wenn du allein lebst, ist dein Cortisolspiegel bereits jetzt erhöht. Cortisol ist das Stresshormon, das allerlei Nachwirkungen mit sich bringt. Zum Beispiel Übergewicht, da es Auswirkungen auf den Stoffwechsel hat, Diabetes, Osteoporose, Hautveränderungen, Immundefekte, Depression. Da Cortisol eine dämpfende Wirkung auf das Immunsystem besitzt, sind wir in erhöhten Stresssituationen, die länger andauern (über Wochen, Monate und Jahre) auch anfälliger für Entzündungen und bakterielle/virologische Erkrankungen.
Während der Arbeit wird weiterer Input an dich herangetragen. Des Weiteren neigst du als Hochsensibler stärker zu Perfektionismus und siehst alle deine Fehler und ebenso die der anderen. Das stört dich. Außerdem gibt es in jedem beruflichen Umfeld Dinge, die dich nerven. Das fängt bei Geräuschen an, geht über Gerüche, die falschen Farben der Wände, falsche Beleuchtung, bis hin zu nervigen Bildern, die schief aufgehängt sind. Auch wenn du deine Arbeitsumgebung selbst bestimmen kannst, weil du selbstständig bist, gibt es immer Störfaktoren: Bauarbeiten am Haus nebenan oder Krankenwagen, die in der Nähe vorbeifahren, nervige Kunden, die alle 10 Minuten anrufen.
Viele Hochsensible neigen in jungen Jahren dazu, irgendwelche Jobs anzunehmen, weil sie nicht wissen, was sie wirklich tun wollen. Oder sie gehen ihren Neigungen und Interessen aus der Überstimulationsphase nach. Die Arbeitsplätze sind oft für sie komplett ungeeignet, da sie nicht ihrer wirklichen Berufung und ihren Bedürfnissen entsprechen oder dem biologischen Rhythmus entgegenlaufen. Deswegen kommt es zur Überforderung, da du dich fragst, was du hier sollst. Du bist vielleicht der Meinung, dass es für dich etwas anderes oder mehr geben müsste, das dir selbst besser entspricht. Und das ist vollkommen richtig.
Oft findet der Hochsensible auch, dass seine Kolleginnen oder Kollegen nur halb so viel schaffen wie er selbst oder dass sie es an Akkuratesse mangeln lassen. Sie arbeiten ungenau und schlampig. Beides ist aus unserer Warte ebenfalls völlig richtig. Es ist Fakt, dass Arbeitsplätze, die mit Hochsensiblen besetzt sind, nach deren Weggang oft mit zwei oder drei neuen Mitarbeitern besetzt werden müssen. Dank unserer Auffassungsgabe und Möglichkeit zur schnellen Verarbeitung, können wir in weniger Zeit mehr zu schaffen. Dazu kommt unser Selbstanspruch, immer alles so schnell wie möglich und so präzise wie möglich zu bearbeiten. Das bedeutet, wir sind selbst schuld. Nicht die anderen sind langsamer und schlampiger, sondern wir setzen uns mehr unter Druck und leisten Arbeit, die so gar nicht von uns erwartet wird. Natürlich ist jeder Chef oder Kunde begeistert von einem solchen Arbeit- oder Auftragnehmer.
Selbstständige Hochsensible setzen vielleicht sogar ihre Angestellten unter Leistungsdruck oder sind ständig von ihnen enttäuscht. Vielleicht akzeptieren sie auch, dass die anderen nicht so gut arbeiten, und erledigen selbst mehr, was zu Depressionen führen kann. Meist ist das Ende vom Lied ein katastrophales Betriebsklima, unter dem der Hochsensible und die Angestellten leiden.
Da du im Laufe des Tages deinen Cortisolspiegel ständig auf erhöhtem Niveau hältst, hast du nach Feierabend das Gefühl, du brauchst Zerstreuung, am besten mit lieben Menschen oder Tätigkeiten, die deiner Berufung nahekommen. Beides bringt erneuten Input und fordert Kapazitäten zur Verarbeitung.
Verschlimmert wird die Situation noch, wenn Freunde dich kontaktieren, um noch etwas zusammen mit dir zu unternehmen. Dann schwankst du innerlich zwischen der Ruhepause, die du bräuchtest, und der Zerstreuung, die du haben möchtest. Dieser Kampf frisst zusätzliche Ressourcen auf.
Wenn du dann endlich müde und kaputt bist, entspannst du dich vor dem Fernseher, spielst Videospiele oder liest. Das sind alles Tätigkeiten, die ebenfalls neuen Input mit sich bringen. Du befindest dich in einer Überreizungssituation. Eigentlich kann und will dein Gehirn schon lange keine neuen Reize mehr entgegennehmen und signalisiert dir das seit Stunden durch Müdigkeit und Schlappheit.
In der Nacht hat es nun alle Hände voll zu tun, die Reize des Tages zu verarbeiten und läuft dabei auf Hochtouren, da es weiß, dass du bereits nach 6 oder 7 Stunden schon wieder neue Reize empfangen wirst.
Die Lösung hierfür ist ganz einfach: Baue mehr Pausen ein, in denen du die Reizzufuhr minimierst. Gib deinem Gehirn eine Chance, auch tagsüber in Ruhe zu verarbeiten. Wenn du morgens aufstehst, dann sorge dafür, dass du erst einmal eine halbe Stunde Ruhe hast. Notfalls stehe einfach eine halbe Stunde früher auf als der Rest der Familie oder Wohngemeinschaft. Wenn es eine Familie oder WG von Hochsensiblen ist, sorge dafür, dass alle das Verständnis aufbringen, dass am Morgen nicht gequatscht wird.
Fahre in Ruhe zur Arbeit. Höre entspannte Musik, auf keinen Fall Radio. Höre noch keine Nachrichten. Höre am besten etwas Bekanntes, das du schon oft verarbeitet hast. Mach dir noch keine Gedanken darüber, was dich auf der Arbeit erwartet. Dann hast du nochmal Zeit gewonnen, um Eindrücke vom Vortag zu verarbeiten.
Auf der Arbeit fängst du langsam an. Dann baust du dir in jeder Stunde 10 Minuten Pause ein, in der du kurz abschaltest. Da du in den restlichen 50 Minuten so viel schaffst, wie andere in 100 Minuten, ist das für niemanden ein Problem. Wenn doch, weise sie darauf hin, was du geschafft hast und was sie geschafft haben. Dann werden sie von selbst Ruhe geben. Der Chef wird sich hüten, etwas dazu zu sagen, wenn sein bester Mann oder seine beste Frau sich die Arbeit ein wenig anders einteilt. Hauptsache die Leistung stimmt am Ende noch. Mach dir nicht mehr so viele Gedanken um die Störfaktoren und dass die anderen weniger tun. Passe deine Leistung an. Wenn es möglich ist, arbeite nur so viel, dass es sich ungefähr ausgleicht. Senke dein Arbeitsniveau langsam ab, damit sich alle daran gewöhnen können. Wenn jemand etwas bemerkt, sage ihm einfach wahrheitsgemäß, dass du, wenn du so weiter machst wie bisher, direkt in ein Burnout hineinläufst. Kein Chef wird dich dazu zwingen wollen, deine Gesundheit zu ruinieren. Falls doch, solltest du dir schnell eine andere Arbeit suchen. Denke daran, dass du nicht für die Leistung bezahlt wirst, die du jetzt erbringst, sondern für die, die auch alle anderen erbringen. Das Niveau der anderen ist das Richtige.
Ich will dich nicht zur Faulheit aufrufen, sondern dazu, dass du dich mehr deinem Wohlfühlgefühl näherst. Wenn dein Arbeitgeber deine Neigung zu ordentlicher Arbeit nicht unterstützt und dich immerzu zwingt zu pfuschen, sprich ihn direkt drauf an, dass du dir lieber etwas anderes suchen wirst. Das wirkt natürlich erst, wenn du lange genug im Betrieb bist und der Chef um deine Leistungen weiß. Dann lässt er dich machen, wie du meinst. Andernfalls wirst du auf lange Sicht sowieso nur bei einem Arbeitgeber glücklich, der dich und deine Arbeitsweise unterstützt. Findest du keinen, überlege doch mal, ob du dich nicht selbstständig machen willst. Als Hochsensibler hast du die besten Voraussetzungen dafür.
Bei Selbstständigen ist es eher unwahrscheinlich, dass sich Kunden über präzise Leistungen beschweren.
Gleichzeitig solltest du aber auch daran arbeiten, deinen Perfektionismus abzubauen. 80 % sind in der Regel gut genug für alles.
In der Mittagspause solltest du lieber einen Spaziergang ins Grüne machen ohne Begleitung, damit du deine Eindrücke vom Morgen verarbeiten kannst. Setz dich in den Park auf eine Bank, oder suche dir in der Firma ein ruhiges Plätzchen. Mit den Kollegen kannst du auch während der Arbeitszeit reden, das machen die doch sowieso. Hast du große Angst, als Außenseiter zu gelten, dann zieh lieber mit den Kollegen mit, denn die Angst verhindert die Entspannung während der Pause. Das bringt dann nichts.
Nach der Arbeit solltest du schleunigst zusehen, dass du eine halbe Stunde oder Stunde reizarm verbringst. Wenn eine treu sorgende Frau (oder ein Mann) zuhause auf dich wartet, die/der den ganzen Tag sehnsüchtig auf dich gewartet hat, dann schenk ihr/ihm zunächst ein wenig Aufmerksamkeit, bis du ihr/ihm klarmachst, dass du dich mal zurückziehen musst, um deiner Überreizung entgegenzuwirken. Ich gehe davon aus, du hast mit deinem Partner/deiner Partnerin über deine Hochsensibilität gesprochen. Ansonsten solltest du dies unverzüglich nachholen und ihm/ihr deine besonderen Bedürfnisse mitteilen.
Reizarme Orte sind Orte mit wenig Licht, wenig ungewohnten oder überraschenden Geräuschen, angenehmem Geruch und ohne störende Textilien oder Oberflächen, die deinen Tastsinn fordern oder deine Haut reizen. Es sollte sich außer dir niemand dort aufhalten und du solltest nicht dazu verleitet werden, etwas tun zu wollen oder über etwas Bestimmtes nachzudenken.
Beispiele:
– Ein kleines Zimmer mit einem Einzelbett, das vielleicht auch als Gästezimmer dienen kann, wenn du es nicht benutzt.
– Ein Lesezimmer mit Ohrensessel und Fußschemel
– Eine Werkstatt mit einem bequemen alten Clubsessel in der Ecke
– Ein Schuppen oder ein Gartenhäuschen, in dem du dir eine Ecke herrichtest.
– Ein Wintergarten oder eine Sauna
Wichtig ist nur, dass die Außeneindrücke abgemildert und Störungen vermieden werden. Verdunkle die Fenster oder schließ die Augen, benutze Schlafmasken. Wenn es laut sein sollte und die Lautstärke ist nicht abstellbar, verwende einfach Ohrstöpsel. Zieh deinen Lieblingsfreizeitanzug an, auch wenn es ein Flanellnachthemd ist. Oder zieht dich ganz aus, wenn du damit keine Erregung öffentlichen Ärgernisses verursachst. Dann setze oder lege dich bequem hin und lass deine Gedanken einfach schweifen. Wenn dir danach ist, schalte bekannte leise Musik ein, die nicht aufregt. Bei lauter Umgebung kannst du damit auch die Umwelt ausblenden, wenn du Kopfhörer benutzt. Besonders Noise-Cancelling-Kopfhörer sind gut geeignet, fremden Lärm auszusperren. Die Musik sollte fließen und nicht das Gehirn stimulieren. Das Ziel ist es, deinen Gedanken freien Lauf lassen zu können. Lass sie einfach umherstreunen und versuche, an nichts Bestimmtes zu denken. Aber zwinge dich nicht dazu. Entspanne dich einfach und lass alles um dich herum los.
Wenn du der Typ dazu bist, lerne Meditation, autogenes Training oder Chi Gong (Qigong). Das hilft beim Entspannen. Wenn du entspannst, verarbeitet dein Gehirn alle Daten, die du bisher gesammelt hast. Am Effektivsten funktioniert dies beim Schlafen. Wenn es dir möglich ist, schlafe einfach 30 bis 60 Minuten. Darüber hinaus wird es wieder ineffektiv, weil du nach dem Erwachen viel länger benötigst, um wieder fit zu werden. Die berühmt berüchtigten Powernaps bringen nur ein wenig Energie zurück, helfen jedoch gegen die Überreizung kein bisschen. In der Entspannungsphase wird das im Blut befindliche Cortisol abgebaut und du wirst merken, dass du nach einiger Zeit generell ein entspannterer Mensch geworden bist. Das dauert allerdings nach langen Phasen der Überreizung auch länger (Wochen, gar Monate).
Die nachfolgende Abendunterhaltung sollte dementsprechend ebenfalls locker und stressarm gestaltet werden. Wenn dein Partner oder deine Partnerin darauf besteht, in die Glotze zu schauen, kannst du dich danebensetzen oder legen, dich ankuscheln und geistig auf Durchzug stellen. Du bekommst zwar immer noch etwas mit, aber das Kuscheln baut mehr Stresshormone ab, als der Input aufbauen kann.
Genauso steht es mit Sex. Sex ist eine der besten Entspannungstechniken überhaupt, solange du dich damit nicht stresst. Keine Erwartungshaltungen und keine Unbekanntheiten. Sex mit neuen Partnern ist immer fordernd. Erst wenn man den anderen so weit kennt, dass der Akt an sich ohne Mühe klappt, tritt eine effektive Entspannungsphase ein. Wenn man es dann noch schafft, den Orgasmusdruck abzubauen (gerade als Mann sehr schwierig) und nur noch Spaß zu haben, ist es eine ideale Möglichkeit mit dem Partner zusammen zu entspannen.
Smartphones, Social Media und am besten das gesamte Internet sollten ab zwei Stunden vor Bettzeit ausgeschaltet werden, damit man die Reizflut eindämmt. Ständiges Statuschecken und nach Neuigkeiten sehen, nervt und überreizt auch sehr schnell.
Die idealste Umgebung ist die, in der du dir den Tagesablauf so einrichten kannst, wie dein Biorhythmus ihn braucht. Dein Rhythmus ist höchstwahrscheinlich der so genannte Babyrhythmus. Kurze Nachtruhe, Mittagsschlaf, nach der Arbeit nochmal eine Stunde Schlaf, 6 bis 8 Mahlzeiten am Tag und ständig trinken. Glaubst du mir nicht? Probiere es aus. Es wird dir besser gehen.
<Bestätigung | Schlafrhythmus und Ernährung> |
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Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.