Was ist eigentlich diese Achtsamkeit? Ist das so etwas wie Aufmerksamkeit? Vielleicht sich selbst gegenüber?
Meines Erachtens besteht Achtsamkeit aus verschiedenen Teilen.
Verweilen im Hier und Jetzt
Die meisten Menschen leben irgendwo in der Vergangenheit oder Zukunft. Sie erinnern sich an bessere Zeiten oder warten darauf, dass sie endlich kommen. Doch nur der jetzige Moment ist die Zeit, die wir beeinflussen können. Alles, was wir jetzt unterlassen, kann in der Vergangenheit nicht stattgefunden haben und in der Zukunft keine Auswirkungen haben. Alles, was wir tun, wird stattgefunden haben und in der Zukunft eine Auswirkung haben. Wir sollten darauf achten, dass wir nur Dinge tun, die sich in der Zukunft positiv auswirken. Dazu müssen wir aufmerksam im Hier und Jetzt sein und uns entsprechend positiv verhalten. Denn wenn du jetzt Positives aussendest, (Gutes tust, mehr gibst, als nimmst) dann kommt in der Zukunft Positives zu dir. (Gesetz der Anziehung)
Wertfreie Wahrnehmung
Unsere Wahrnehmung findet mit allen Sinnen statt. Das Erste, was danach bei den meisten Menschen geschieht, ist eine Bewertung des Wahrgenommenen durch das Ego (den Kopf, die Gedankenebene, den Geist, den Intellekt). Die meisten Menschen sind sich nicht bewusst, dass sie mehr sind, als ihr Intellekt. Sie lassen sich vom Kopf regieren und tun nur, was dieser ihnen befiehlt. Wichtig ist auch, dass du deiner Wahrnehmung vertraust, im Zweifel dich sogar gegen die Wahrnehmung anderer behauptest. Diejenigen, die nichts wahrnehmen, haben es leicht, dir deine Wahrnehmung abzusprechen. Sind sie in der Überzahl, beginnst du an deiner Wahrnehmung zu zweifeln. Wahrnehmung ist nicht diskutierbar, da für alle Sinne unterschiedliche Wahrnehmungsgrade existieren (z. B. gut hören/schlecht hören/Taubheit, gut sehen/schlecht sehen/Blindheit, gut riechen/schlecht riechen/nichts riechen). Was du wahrnimmst, kannst nur du beurteilen. Bei der Empathie ist es dasselbe. Es gibt einerseits sehr empathische Menschen und auf der anderen Seite welche, denen die Empathie ganz fehlt. Dazwischen liegen viele Schattierungen.
Achtsamkeit funktioniert nur wirklich, wenn du bewusst wahrnimmst und diese Wahrnehmung zunächst einmal für sich stehen lässt. Es ist egal, worum es sich dabei handelt. Nimm eine weiße Kaffeetasse zur Hand und betrachte sie. Berühre sie, schnuppere daran, du kannst auch über das Material lecken. Denke dabei nicht in Kategorien wie „weiße Tasse, glatte Oberflächenstruktur, riecht nach Kaffee oder Tee, schmeckt neutral“. Lasse erst einmal alle Eindrücke bewusst wirken, bevor du sie bewertest. Achte auf die Impulse. Und nimm sie dann an, wie sie sind. Das hört sich zunächst bescheuert an, aber bei einem Lebewesen ergibt es richtig Sinn. Wenn du aufhörst, einen Menschen sofort nach Geschlecht, Hautfarbe, Körpersprache, Kleidungsstil, Frisur, usw. einzuschätzen, sondern ihn zuerst einfach als Menschen wahrnimmst und annimmst, fällt es dir leicht, alle Vorurteile und gelernten Muster auszuschalten und ihn einfach als Menschen anzunehmen. Die Bewertung, die danach folgt, fällt bereits ganz anders aus, wenn du diesen einen Schritt dazwischen schiebst.
Wohlwollende Bewertung
Die Bewertung der Wahrnehmungseindrücke sollte wohlwollend vorgenommen werden. Das bedeutet immer im Sinne dessen, um das es sich dreht. Wenn es ein Lebewesen ist, sollte man es erst einmal positiv sehen, bevor man sich von Vorurteilen, Ängsten und schlechten Erfahrungen leiten lässt. Natürlich solltest du immer vorsichtig bewerten und dein eigenes Wohlbefinden berücksichtigen.
In die wohlwollende Bewertung spielen Geduld und Zurückhaltung hinein. In Ungeduld getroffene Bewertungen sind meist nicht achtsam, weil man dazu tendiert einen Schnellschuss zu platzieren und nicht nachzuforschen, ob die Bewertung die Beste ist. Wenn möglich solltest du immer Kopf und Herz befragen, bevor du etwas oder jemanden bewertest. Das gilt jedoch nicht nur für andere, sondern auch für dich selbst, und zwar dir gegenüber. Bewerte dich ebenso wohlwollend, wie alle anderen.
Annahme des Seins
Achtsamkeit beruht ebenfalls auf der Annahme des gegenwärtigen Augenblicks. Wenn du dich gegen eine Wahrnehmung oder Situation zur Wehr setzt, nur weil sie dir nicht passt, dann wird sich das negativ auf dich auswirken. Verstehe es nicht falsch: Wenn du gefährdet bist in diesem Augenblick, dann musst du dich wehren. Wenn du dich jedoch aus Angst, Dickköpfigkeit, Egoismus, Bequemlichkeit oder ähnlichen Gründen sträubst, obwohl das nicht notwendig wäre, dann werden dich in der Zukunft sehr wahrscheinlich negative Konsequenzen ereilen.
Nimmst du die Umstände jedoch erst einmal einfach wahr und auch an, wie sie sind, dann entstehen hierdurch vielfältigere Möglichkeiten, mit der Situation umzugehen. Du kannst abschätzen, welche Konsequenzen in welcher Handlungsweise liegen oder dein Gefühl befragen, was es dazu sagt. Vielleicht hast du eine spontane Idee, die du dir verbaust, wenn du sofort gegen die Situation eingestellt bist. Man nennt dies im Volksmund auch Offenheit. Außerdem wird durch die Annahme des Seins eine einfache Reaktion nach bekannten Mustern eine Aktion mit Gefühl und Überlegung. Das bedeutet, das du auf jede Situation nicht unbewusst und automatisch reagierst. Vielmehr handelst du überlegt und unter Einbeziehung deines Gefühls für die Situation, also bedacht.
Sorgfältige Behandlung
Egal, wie die Bewertung ausfällt, du solltest Gegenstände und Lebewesen mit Sorgfalt behandeln. Das ist in der Realität nicht immer möglich, da es immer stressige Zeiten gibt, in denen du nicht weißt, was du zuerst tun sollst. Handle so, wie du behandelt werden möchtest und eher positiv als negativ. Dabei sollst du dich nicht vernachlässigen und verbiegen. Wenn es notwendig ist, einem anderen Lebewesen Grenzen zu zeigen, dann tu es so, dass kein bleibender Schaden entsteht und möglichst präzise und mit den Mitteln, die dein Gegenüber auch verstehen kann. Wenn du mit Gegenständen umgehst, dann denke daran, dass sie aus Rohstoffen hergestellt sind, die für viele Menschen viel Aufwand und Zeit gekostet haben. Und dass diese Rohstoffe nicht unendlich zur Verfügung stehen. Wenn du die Wahl hast, wähle immer die Nachhaltigkeit. Buddhisten möchten zum Beispiel so leben, dass sie auf der Welt nach ihrem Ableben keine Spuren hinterlassen. Leider ist es in unserer westlichen Kultur üblich, dass es egal ist, welche Schneise der Verwüstung man hinterlässt oder man es sogar noch darauf anlegt, etwas mehr zu hinterlassen als den eigenen Nachwuchs. Denke immer daran, dass die Menschen nach uns auch noch auf diesem Planeten leben wollen. Hilf dort, wo du kannst, indem du nur das konsumierst, was du wirklich benötigst und nur die Dinge anschaffst, die du wirklich brauchst.
Sorgfältige Behandlung von Menschen und Lebewesen bedeutet auch, auf sie einzugehen, sie nicht zu überfordern und nicht zu überfallen. Man sollte jeden Menschen und jedes Lebewesen sein lassen können, wie sie nun mal sind. So braucht man nur die Entscheidung fällen, welcher Abstand zu ihnen gesund für dich ist. Ebenso sollte man nachsichtig mit ihnen umgehen, wenn sie einmal einen Fehler machen. Man sollte sie nicht dafür verurteilen, sondern sie unterstützen, den Fehler zu beheben oder zumindest ihn nicht noch einmal zu machen.
Die Sorgfaltspflicht gilt auch dir selbst gegenüber. Du solltest an erster Stelle dafür sorgen, dass es dir gut geht. Denn wenn es dir gut geht, dann kannst du besser für andere sorgen. Sorge für dich so, dass alle deine Bedürfnisse gedeckt sind und alle Notwendigkeiten erledigt werden. Achte auf deinen Körper, deinen Geist, deine Emotionen und deine Seele. Gehe sorgsam mit all dem um, denn sie machen dich zu einem ganzen und gesunden Menschen. Wenn du dich vernachlässigst und dich nur um andere kümmerst, wirst du nicht lange genug gesund bleiben, um dies weiter zu führen. Irgendwann bist du dann vielleicht sogar derjenige, der einen dauerhaften Helfer benötigt, weil deine Gesundheit oder deine Seele zu sehr gelitten hat.
Wertschätzung
Zur Achtsamkeit gehört auch die Wertschätzung aller Dinge, die um dich herum existieren. Seien es Lebewesen oder Gegenstände. Jedes Lebewesen und jeder Gegenstand hat eine Funktion in unserer Welt. Alles ist miteinander verbunden. Entfernst du einen Menschen aus der Gleichung, verändert sie sich für die ganze Welt. Niemand ist unwichtig oder zu nichts nütze. Jeder Mensch und jedes Lebewesen ist gleich viel wert und hat ein Recht auf Leben und gute Behandlung. Ein Ausdruck deiner Wertschätzung kann den Tag oder eventuell das ganze Leben eines Menschen positiv beeinflussen. Auch oder gerade, wenn du Menschen deine Wertschätzung entgegenbringst, mit denen du dich vielleicht in der Vergangenheit nicht verstanden hast, kann sich diese Beziehung schlagartig verbessern. Wenn du einem Lebewesen zeigst, dass du es respektierst und einem Menschen sagst oder zeigst, was du an ihm wertvoll findest, dann kann sich seine Einstellung durchaus positiv verändern.
Auch hier solltest du dich selbst wertschätzen. Selbstliebe ist nicht zu verwechseln mit Narzissmus (Selbstverliebtheit). Sie ist vielmehr die Annahme des eigenen Selbst mit allen Stärken und Schwächen und Wertschätzung der eigenen Fähigkeiten. Wenn du etwas gut machst, darfst du aufrichtig stolz darüber sein. Nur vor falschem Stolz (Hochmut) solltest du dich in acht nehmen.
Dankbarkeit
Nach der Wertschätzung ist die Dankbarkeit ein wichtiger Punkt. Sei dankbar für alles, das du bekommst und haben darfst. Sei es Gesundheit, einen Partner an deiner Seite, Geld, Besitz, einen guten Job oder überhaupt Arbeit, ein schönes Umfeld, gute Freunde und Kollegen, genügend Nahrung. Egal was du hast, sei dir bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist. Man braucht nicht weit zu schauen, um Menschen zu entdecken, denen es viel schlechter geht. Nur das Ego verlangt immerzu nach mehr, vor allem bei Menschen, die nie erwachsen geworden sind. Wenn du also denkst, man soll nicht immer danach schauen, dass es anderen Menschen schlechter geht, weil es ja auch genügend Menschen gibt, denen es besser geht, dann solltest du an deiner Achtsamkeit arbeiten.
Achtsame Sprache und Gedanken
Alles, was du sagst, solltest du vorher durch 3 Filter schicken.
- Ist es wahr?
- Ist es notwendig?
- Ist es freundlich oder wohlwollend?
Zur achtsamen Sprache gehört zudem, dass du darauf achtest, welche Worte du verwendest. Das, was du sagst, verändert dein Gehirn. Das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Das bedeutet, dass du mit der Zeit zu dem Menschen wirst, den deine Gedanken und Worte nach außen tragen. Benutzt du viel Gossensprache, Schimpfworte und harte, sexuelle Ausdrücke, wird dein Wesen eines Tages dem entsprechen. Dann fallen deine Reaktionen auf andere Menschen und Lebewesen entsprechend aus. Wenn du viel lügst, wirst du irgendwann deine eigenen Lügen glauben und nicht mehr mit der Realität klar kommen. Wenn du jedoch eine freundliche und fröhliche Sprache benutzt, wirst du auch ein fröhlicher Mensch. Gibst du in Gedanken häufig deinen Süchten und niederen Bedürfnissen nach, dann werden sie auch dein körperliches Leben bestimmen. Einfach ausgedrückt: Du bist, was du denkst und sagst. Achtsamkeit bedeutet auch hier, die Gedanken und Worte sorgfältig auszusuchen und eher positiv und wohlwollend zu denken und sprechen. Denn auch was du hier aussendest, wird dich irgendwann ereilen.
<Spiritualität | Was ist Urvertrauen?> |
Sie befinden sich mitten im Buch. Starten Sie mit dem Lesen bitte am Anfang.
Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.