Es scheint wie eine ironische Posse eines fiesen Gottes, dass er uns genau diametral entgegengesetzt unseres eigentlichen Ziels in dieser Welt platziert. Hochsensible kommen mit einem viel größeren Potenzial für Angstanfälligkeit zur Welt als Normalsensible. Eine Ausnahme sind hier High-Sensation-Seeker. Wir sind mehr auf Sicherheit bedacht und vorsichtiger im Umgang mit unseren Mitmenschen. Je länger wir leben, desto schwerer vertrauen wir anderen. Wir nehmen die Gefahren und das so genannte Böse in der Welt viel deutlicher wahr. Wir lassen uns viel schwerer belügen. Unsere Haut ist viel dünner und lässt viel mehr hindurch. Wir werden schneller verletzt und verarbeiten diese Verletzungen intensiver oder verdrängen sie, spüren sie aber immer direkt unterhalb der Bewusstseinsgrenze. Sie kommen sehr viel öfter wieder hoch, als bei Normalsensiblen. Was sie schon lange vergessen haben, verfolgt uns noch über Jahre. Und doch sollen wir als Ziel alle unsere Ängste besiegen und zum Urvertrauen finden, das vielen anderen in die Wiege gelegt wurde?
Jeder Vorteil hat nun mal seinen Nachteil. All das Schöne, das wir erleben dürfen, das anderen verborgen bleibt, unsere Vorteile des sensibleren Gespürs und die Unterstützung, die unser Höheres-Ich gewährt, wird durch Nachteile in der Ausdauer und Belastbarkeit, dem Ruhebedürfnis und durch viele Ängste erkauft.
Die volle Entfaltung unserer Möglichkeiten können wir jedoch nur erreichen, wenn wir nahezu angstfrei sind. Das ist wirklich gemein, oder? Das, was wir erreichen wollen, befindet sich genau diagonal gegenüber dem Startpunkt, also am weitesten von allem entfernt.
Auch hier können wir mit dem Konzept des Loslassens arbeiten. Alle Ängste, die nicht auf evolutionäre Rassenängste zurückgehen, können wir ablegen. Die Angst vor Spinnen, Raubtieren und der Dunkelheit können bleiben, solange sie nicht pathologisch sind und uns von Dingen abhalten, die wir gerne tun würden, bzw. wozu wir bestimmt sind. Pathologisch sind Ängste, wenn durch sie ein Leidensdruck entsteht und sie uns immens einschränken. Diese sind am besten mit professioneller Hilfe lösbar. Um eine Angst zu bewältigen, gibt es eine gut praktikable Möglichkeit. Dieselbe, die du hoffentlich schon mit deiner Vergangenheitsbewältigung durchgeführt hast. Du solltest dich deinen Ängsten stellen und sie verarbeiten.
Um dir mal ein paar Zahlen an die Hand zu geben: Ein durchschnittlicher Mensch denkt jeden Tag 65.000 Gedanken. Von diesen beschäftigen sich zirka 17.500 mit negativen Gedanken. Bei ängstlichen Menschen sind etwa 30 – 50% Angstgedanken darunter.
Wenn man diese in den Erwachsenenjahren von 18 bis 75 rechnet, sind es zwischen 10,5 und 18,3 Millionen Angstgedanken.
Eine psychologische Studie hat sich damit beschäftigt, wie viel Prozent der Ängste und Sorgen, die man sich im Laufe seines Lebens macht, Realität werden. Das Ergebnis waren erstaunliche 10%. Das bedeutet, dass man zwischen 9 und 16 Millionen Mal umsonst Angst oder Sorgen im Leben macht. Jetzt wirst du entgegnen: “Woher soll ich denn wissen, welche Gedanken die sind, die Realität werden und was ist mit den restlichen 1 bis 2 Millionen?” Darauf erwidere ich, dass du das nicht wissen kannst. Aber dir so viele Gedanken und Sorgen zu machen, bringt nichts Positives. Es hindert dich zwischen 10 und 20 Millionen mal im Leben daran etwas zu tun, das du gerne tun würdest. Und von den 1 bis 2 Millionen Malen, wo du mit deiner Sorge richtig liegst, wird die Angst nur bei jedem paarzehntausendsten Mal Realität. Überleg mal, wie oft du deine Arbeit verlieren kannst oder wie oft du dich schlimm verletzt hast und wie oft du drüber nachgedacht hast und davor Angst hattest. Zumal du mit den negativen Gedanken auch Vorfälle geradezu provozierst. Stichwort: Selbsterfüllende Prophezeiung und Gesetz der Anziehungskraft (”Was du sendest bzw. denkst, wirst du empfangen”).
Die meisten Ängste sind irrational und deswegen ohne weltliche Auswirkungen. Viele Menschen haben Angst unangenehm aufzufallen. Sie sollten Schritt für Schritt üben, dass es nicht schlimm ist, wenn man unangenehm auffällt. Einfach mal in einem Restaurant ein Weinglas umwerfen und schauen, was passiert. Die meisten Anwesenden werden sich kurz umdrehen und sich freuen, dass nicht nur sie selbst ab und an schusselig sind. Mehr passiert nicht. Dann vielleicht bei einem Geburtstag ein Glas Wein in die Hand nehmen und einfach drauf los reden. Wenn man sich dann blamiert, kann man es auf den Alkohol schieben. Das ist gesellschaftlich anerkannt. Dann merkt man, dass die meisten Menschen die Peinlichkeit nach sehr kurzer Zeit vergessen haben oder noch viel besser, dass sie dir zuhören und über deine Scherze lachen. Wenn du Angst vor der Dunkelheit hast, einfach mal mit einem Menschen, dem du vertraust, jede Woche im Sommer ins Grüne fahren und nachts die Sterne betrachten. Irgendwann, wenn du merkst, dass die Dunkelheit dir nichts tut, alleine losfahren. Natürlich solltest du dabei immer auf deine Sicherheit achten. Jedoch nicht angstvoll, sondern zuversichtlich.
Die Angst lässt sich am besten überwinden, wenn man sich ihr aussetzt und Resilienzen bildet. Beginne mit kleinen Schritten und schau dir an, dass nichts Schlimmes passiert. Taste dich so lange vor, bis du keine Angst mehr hast. Wichtig ist, dass du dich dabei niemals in lebensbedrohliche Situationen bringst. Menschen mit Höhenangst sollten zur Bekämpfung der Angst nicht unbedingt sofort mit einem Fallschirmsprung beginnen. Zwingt man sich zu sehr, die Angst zu besiegen, kann sie schnell schlimmer werden. Wichtig ist Geduld, Vertrauen aufbauen und entspannen. Die Entspannung ist der Feind aller Ängste. Also nicht anstrengen, Ängste zu überwinden, sondern versuchen, sich vorher, während der Angstphase und danach zu entspannen. Bereite dich gedanklich auf deine Angst vor, bevor du ihr entgegentrittst.
Angst vor dem Glück
Menschen, die viel Schlimmes erlebt haben, von anderen Menschen oder unglücklichen Umständen verletzt oder negativ überrascht worden sind, tendieren dazu, sich selbst zu verbieten, glücklich sein zu dürfen oder Glück zu haben. Nach ihrer Ansicht folgt großem Glück immer großes Leid.
Dabei ist es gerade diese Einstellung, die das »Unglück« herbeiruft. Zuerst erinnern wir uns, dass wir in jeder Tiefschlafphase mit dem Höheren Netzwerk kommunizieren. Wir laden Informationen hoch und neue Informationen herunter. Hierbei bekommen wir immer Resonanz auf das, was wir hochladen. Schicken wir positive Energien ins Netz, bekommen wir positive Energien zurück. Sind es negative, so erhalten wir auch negative Energien. Negativ eingestellte Menschen bekommen also oft negative Impulse und wachen mit diesen Morgens bereits auf. Zudem ist ihre Verbindung zwischen Neugeborenem-Ich und Höheren-Ich unterbrochen, die ihnen normalerweise bei ihrer Entscheidungsfindung und beim Umschiffen negativer Dinge helfen würde. Da nun ein pessimistisch eingestelltes Erwachsenen-Ich regiert, tendieren diese Menschen dazu, genau die falschen Entscheidungen zu treffen. Sie begeben sich sehenden Auges in negative Situationen, geben sich mit negativen Menschen ab oder kaufen Dinge, von denen sie wissen, dass sie mängelbehaftet sein können. Sie gehen den Weg, der nachts im Halbdunkel verläuft, anstatt den Umweg über die hell erleuchtete Hauptstraße in Kauf zu nehmen. Denn sie glauben ja, dass ihnen sowieso nur schlimme Dinge passieren. Sie haben so oft darauf gehofft, dass sie das Glück finden, doch jedes Mal wurden sie enttäuscht. Das resultiert daher, dass sie sich mit nicht wahrhaftigen Menschen oder Dingen abgegeben haben. Halbseidene Charaktere, die ihnen das große Glück versprochen, aber ihnen nur Unglück und Leid gebracht haben. Blender und Schönfärber, die ihr Neugeborenen-Ich gemeinschaftlich mit den Höheren-Ich in kürzester Zeit enttarnt hätten. Solche Charaktere erkennen einen “Unglücksraben” auf hundert Meter an Körpersprache und Ausstrahlung.
Sie haben sich Wohnungen oder Häuser andrehen lassen, die in Wirklichkeit Bruchbuden sind, haben teures Spielzeug gekauft, das versprach, sie glücklich zu machen, und sind am Ende immer wieder auf die Nase gefallen. Nun sind sie womöglich soweit, dass sie von vornherein schon kein Glück mehr zulassen, damit der Absturz aus den Höhen nachher nicht mehr allzu schmerzhaft wird. Doch dieser Gedankengang zieht das Unglück erst in großem Maße an. Vernünftig betrachtet ist das bereits der Boden, auf dem das Unglück wächst und gedeiht.
Wenn du dich in der Beschreibung erkannt hast, werde ich dir nun meine Sichtweise auf dein Leben zeigen. Du befindest dich auf dem niedrigsten Glücksniveau. Doch wer ganz unten in der Gosse herumkriecht, braucht sich nicht wundern, wenn alle auf ihm herumtrampeln. Da regnet das Unglück kübelweise auf dich herab. Kein Wunder! Wenn du aufstehst und deinen Rücken gerade machst und dich streckst, dann treffen dich der Unrat und das Pech nur noch am Schuh oder am Knöchel. Manchmal steht es dir auch bis zu den Knien. Aber niemals mehr brauchst du Angst zu haben, dass es dich überschwemmt und ertränkt. Niemand hat dir ein Schicksal auferlegt, in dem du immerzu unglücklich sein musst. Selbst Menschen in Slums und in den ärmsten Gegenden der Welt sind in ihrem Rahmen dazu fähig, glücklich zu sein. Mach es dir zur Aufgabe im Leben das Unglück und deine Angst vor dem Glück zu überwinden, nicht beides zu pflegen.
Zudem neigen Menschen, die sich zwingen, unglücklich zu sein dazu, sich einzumauern und von anderen, die glücklich sind oder Glück haben, abzusondern. Zum einen, weil sie nicht ertragen können, dass andere so viel Glück im Leben haben und zum anderen, weil sie die anderen davor schützen möchten, dass deren Glück vom eigenen Pech beschmutzt wird.
So kann es nicht besser werden. Mit den in diesem Buch aufgezeigten Abgrenzungstechniken kannst du deine Burg aufgeben und dich den Glücklichen nähern. Gönne ihnen ihr Glück und versuche selbst einmal, dir zu erlauben, Glück zu haben. Da deine Gedankengänge vermutlich schon auf einem bestimmten Gleis laufen, wird es schwierig, die Weichen umzustellen. Am leichtesten ist es, zunächst bei kleinen Gelegenheiten das eigene Glück zuzulassen und sich einfach darüber zu freuen, ohne gleich hinter der nächsten Ecke eine entsprechende Katastrophe zu erwarten. Sammle auch hier Schritt für Schritt gute Erfahrungen und baue Resilienzen auf. Wenn du jetzt denkst, dass du das nicht kannst oder gerade du die eine Ausnahme im Universum sein wirst, die das ganze Unglück und die Katastrophen gepachtet hat, dann empfehle ich auch dir dringend eine Aufarbeitung dieser Angst durch einen geschulten Psychotherapeuten.
Wenn du die Katastrophen anderer zu deinen hinzuzählst, dann solltest du schleunigst damit aufhören. Du kannst nicht allen Menschen helfen, die darauf geeicht sind, Scheiße zu bauen. Dabei gehst du mit zu Grunde. Ein gut gemeinter Ratschlag.
Ich lasse seit ein paar Jahren unumstößlich mein Glück zu und genieße es in vollen Zügen. Auch wenn es meist in Kleinigkeiten daherkommt, ist doch bisher keine persönliche Katastrophe eingetreten.
Wer das Unglück beschreit, der bekommt es. So einfach ist das.
Vor allen Dingen lernst du so mit der Zeit, mit dem Unglück, das dich doch noch irgendwie ereilt umzugehen. Du weißt ganz genau, dass nach einem Unglück wieder glücklichere Zeiten kommen.
Zukunftsangst
Die letzte große Angst, die man sehr schlecht bewältigen kann und die beinahe alle Menschen dieser Welt teilen, ist die Zukunftsangst. Hier kann ich nur meinen Weg beschreiben. Ich habe mir die schlimmste mögliche Zukunft ausgemalt: Das Finanzsystem bricht weltweit zusammen. Unruhen, Kriege und Epidemien brechen weltweit aus. Was könnte mir außer Tod und Verletzungen und den Verlust von geliebten Menschen schlimmstenfalls passieren?
Klar, wer sich nie mit dem Sterben und dem Tod auseinandergesetzt hat, für den ist dies ein Horrorszenario. Doch im Laufe eines Lebens verliert man unweigerlich geliebte Menschen, egal ob durch Alter, Unfälle oder Krankheiten. Das ist der Lauf des Lebens. Davor sollte man keine Angst haben, sondern sich damit abfinden.
Nun zum eigentlichen Thema: Wenn es keinen Strom mehr gibt und die Technik nicht mehr funktioniert, beschränke ich mich auf Papier und einen Stift und Menschen, denen ich helfen kann und die mir helfen. Etwas zum Anziehen und Nahrung. Wenn es geht, noch ein Dach über dem Kopf. Ich weiß, dass ich mit sehr wenig zurechtkommen würde. Das Denken und die Gemeinschaften werden wieder kleiner und regionaler. Die Menschen rücken wieder näher zusammen. Warum sollte ich also Angst vor der Zukunft haben? Wenn ich sterbe, habe ich keine Probleme mehr. Werde ich irreparabel verletzt, bin ich auf Hilfe angewiesen und habe ganz andere Probleme. Doch auch hier weiß ich durch schwere Verletzungen, die ich bereits durchgemacht habe, dass man sich dem anpassen und damit zurechtkommen kann. Ebenso ist es mit den Lebensumständen. Wer ist so flexibel und anpassungsfähig bis ins hohe Alter, wenn nicht wir Hochsensiblen?
Was habe ich also zu befürchten? Nichts. Meine Wahrnehmung und mein gutes Gefühl werden mich immer leiten, solange ich darauf höre. Und seien wir mal ganz ehrlich. Hast du in Krisensituationen nicht auch schon bemerkt, dass du derjenige oder diejenige warst, die den klaren Kopf behalten hat und sich instinktiv auf deine Wahrnehmung und dein Gefühl verlassen konntest? Wir Hochsensiblen sind Meister der Krisenbewältigung.
Da wir sehr sicherheitsbewusst sind, ist es förderlich, wenn man sich zumindest ein kleines Sicherheitsreservoir schafft. Lege zum Beispiel 15 – 30 % deines monatlichen Einkommens für unvorhergesehene Vorkommnisse zur Seite. Verschaffe dir einen Beruf, der dir entspricht und in dem du dich wohl und sicher fühlst. Kaufe dir ein Haus oder miete eine Wohnung, die dir entspricht und die deine Bedürfnisse erfüllen. Schaffe dir eine sichere Umgebung. Auch wenn es einige Jahre dauern sollte, bis du an diesem Punkt sein wirst. Beginne JETZT damit. Befriedige dein Sicherheitsbedürfnis. Aber übertreibe dabei nicht. Denn im Endeffekt gibt es keine wirkliche Sicherheit auf dieser Welt.
Angst vor dem Tod
Selbst bei spirituellen Menschen ist die Angst vor dem Tod weit verbreitet. Erst recht bei Menschen, die glauben, wir haben nur dieses eine Leben und danach käme nichts mehr. Egal was du glaubst, du kannst auch diese Angst überwinden.
Die Angst vor dem Tod resultiert hauptsächlich daraus, dass du dich nicht mit dem Thema beschäftigst. Du schiebst es immer nach hinten, da dein eigener Tod ja möglichst weit entfernt sein soll. Du magst nicht darüber nachdenken, wie es sein könnte, wenn dir nahestehende Personen sterben. Du magst nicht an den Tod deiner Eltern, deiner Geschwister, Kinder oder Enkel denken. Das ist nur natürlich und menschlich. Wir verdrängen gerne die unangenehmen Aspekte des Lebens. Doch der Tod ist unausweichlich. Jedes Leben endet mit ihm und niemand ist unsterblich.
Als ich vier war, verlor ich meinen heiß geliebten Großvater, auf dessen Schoß ich gesessen und dessen Geschichten ich gelauscht habe. Ich lernte ihn leider nie so gut kennen, wie ich wollte. Als ich elf war, verstarb meine Großmutter ganz ohne Vorwarnung. Sie wurde plötzlich aus meinem Leben gerissen. Seither habe ich mich mit dem Tod beschäftigt. Ich verlor im Laufe der Zeit mehrere Verwandte und auch einige Freunde. Meine Mutter ist vor einigen Jahren beinahe gestorben.
Ich selbst bin oftmals nur haarscharf dem Tod von der Schippe gesprungen. Sei es als Radfahrer durch unaufmerksame Autofahrer, die morgens um 7 Uhr mit 100 Sachen innerorts rote Ampeln überfuhren, die ich gerade überqueren wollte. Oder bei Unfällen, die mir leicht einen Genickbruch oder ein Loch im Kopf hätten einbringen können, bei Wohnungsrenovierungen oder handwerklichen Tätigkeiten. Der Tod ist uns jeden Tag auf den Fersen.
Der Tod ist auch der Grund für die Angst vor Attentaten, Terroranschlägen und Amokläufen. Ein Opfer solcher Unglücke zu werden ist beinahe genauso wahrscheinlich, wie vom Blitz getroffen zu werden. Doch da die Taten von Menschen begangen werden und von den Medien reißerisch ausgeschlachtet, erscheinen sie uns näher und wirklicher als der Blitzeinschlag.
Was ich in Bezug auf das Leben nach dem Tod glaube, steht hier nicht zur Diskussion. Mein Testament ist schon lange fertig und meine Patientenverfügung ebenfalls. Ich habe mich ausreichend mit dem Ableben meiner nahen Verwandten beschäftigt und natürlich auch mit meinem eigenen. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass nichts diese verhindern kann. Warum sollte ich also Angst davor haben?
Wenn man genau hinschaut passiert Folgendes: Ein geliebter Mensch verstirbt. Man ist traurig und wütend, egal aus welchem Grund. Der Mensch ist zu früh, zu grausam, zu langsam, zu schnell verstorben. Man konnte sich nicht mehr verabschieden, oder der Abschied ist einem unendlich schwergefallen. Dann kommt die Trauerarbeit. Der Verlust muss immer verarbeitet werden. Geschieht dies nicht, kann das Loch, das der Mensch in deinem Leben hinterlassen hat, niemals verheilen. Nach der Trauerarbeit geht das Leben normal weiter. Man vermisst den Menschen und denkt an ihn. Zunächst täglich, dann wöchentlich und dann womöglich immer seltener. Je nachdem, wie sehr man an ihm gehangen hat. Solange er nicht vergessen ist, lebt er in dir weiter. Wenn du ihn vergisst, merkst du es nicht mal. Dein eigener Tod wird genauso ablaufen – für die Menschen um dich herum. Für dich wird es erst mal einfach vorbei sein. Nachher wirst du vielleicht feststellen, wie das mit dem Leben nach dem Tod wirklich ist. Oder dein Körper liegt in einem Sarg und wird langsam zersetzt. Dann wirst du das auch nicht mehr mitbekommen.
Dies alles hört sich sehr herzlos an, ist aber nur rational betrachtet. Rational kann man mit dem Tod am besten umgehen.
Der Schrecken, den der Tod birgt, kann er nur über dich ausüben, wenn du wegschaust und er in deine Augenwinkel kriecht und sich langsam nähert. Schaust du ihn an, wirst du feststellen, dass er etwas ganz Natürliches ist. Vor der Geburt eines neuen Menschen hast du doch auch keine Angst.
Wenn du im Hier und Jetzt lebst und die Menschen um dich herum so stark liebst, wie es dir möglich ist und ihnen die entsprechende Aufmerksamkeit und Zeit schenkst, dann brauchst du dich nicht verlassen fühlen. Dann hattest du eine schöne Zeit mit ihnen, durftest viel mit ihnen teilen. Der Tod ist niemals ein sauberer Schnitt. Er hinterlässt immer lose Enden, die die Überlebenden zusammenbinden müssen.
Solltest du den Tod fürchten, weil du in deinem Leben noch nichts bewerkstelligt hast, das deinen Tod überdauert, dann mach dir klar, dass kaum jemand dies vermag. Die großen Schriftsteller, Künstler, Weisen, Baumeister usw., die die Jahrtausende überdauern, sind nur ein Tröpfchen im Meer derer, die in den Jahrtausenden vergessen wurden. Das ist auch gar nicht schlimm. Es ist viel wichtiger, dass du deinen Lieben um dich herum in möglichst guter Erinnerung bleibst. Verbringe also mehr Zeit mit deinen Lieben, als dich um dein Erbe zu kümmern.
Zur Überwindung der Angst vor dem Tod solltest du dich genau mit ihm beschäftigen und ihn als etwas ansehen, das ebenso zu deinem Leben gehört, wie die Menschen um dich herum, unsere Natur und alles, was der Mensch geschaffen hat. Er ist natürlich und du kannst ihn annehmen, ohne ihn zu fürchten. Du musst ihn nicht gutheißen, doch akzeptieren solltest du ihn.
Verwandt mit der Angst vor dem Tod ist die Angst zu altern. Diese befällt vor allem Menschen, die auf ihr Äußeres fixiert sind. Hier ist es genauso, wie mit dem Tod: Das Alter rückt unaufhaltsam näher. Anstatt alle möglichen Verrenkungen zu veranstalten, das Alter so lange wie möglich hinauszuzögern, solltest du lieber diese Zeit auf die Menschen um dich herum verwenden. Das wird eher gut tun. Menschen, die dich rein nach deinem Äußeren bewerten, sind dir als HSP eigentlich nicht wirklich wichtig. Sie sind oberflächlich und schrecklich langweilig. Die ihnen fehlende Tiefe wirst du bei Menschen finden, die du kennen lernst, wenn du dich als hochsensible Person annimmst und liebst. Die mit dem Alter kommenden Zipperlein und Krankheiten sind vorbestimmt durch deine Gene und deinen Lebenswandel. Da kann man sowieso nicht viel machen. Also auch die akzeptieren und das Beste daraus machen.
Die Angst vor dem Altern ist schlimmer, als das Alter selbst.
Wenn du alle Ängste beseitigt hast, die dich hindern du selbst zu sein, was passiert dann?
Du wirst nicht etwa zu einem Psychopathen oder Soziopathen, sondern du erlangst das Urvertrauen. Wenn du deine Ängste überwindest oder loslässt, dann kannst du nicht nur zu einem guten Menschen, sondern zu einem liebevollen – von Liebe erfüllten – großartigen Menschen werden.
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