Ich erwähnte in den verschiedenen Kapiteln des Öfteren, wie wichtig es ist, im Hier-und-Jetzt zu verweilen.
Damit hier keine Missverständnisse aufkommen, möchte ich dies relativieren.
Hochsensible Menschen neigen dazu, ihre Gedankenkreise entweder darauf zu richten, was war oder was kommt. Wir befinden uns oft stark in Gedankenkreisen in der Vergangenheit oder in der Zukunft.
Auf der einen Seite setzen wir die Puzzleteile zusammen, die unsere Vergangenheit uns offenlegt. Auf der anderen Seite eilen wir der Gegenwart voraus und erträumen uns eine utopische Zukunft, in der alles besser für uns läuft. Das kann so überhandnehmen, dass es unsere alltäglichen Handgriffe und Erledigungen beeinflusst und unsere Leistung hierbei schwächt oder gar zu Unfällen und Missgeschicken führt.
Das Verweilen im Hier-und-Jetzt ist kein dauerhafter Zustand, der nun unser neuer Zwang werden soll. »Ich muss aber ständig im Hier-und-Jetzt bleiben«, ist kein Satz, den irgendjemand sagen sollte.
In den alltäglichen Situationen ist es gut, wenn du im Hier-und-Jetzt bist, damit du dich ganz auf deine Tätigkeit konzentrieren kannst. Wenn du achtsam deine Grenzen erspürst und bewachst, ist es wichtig im Hier-und-Jetzt zu sein. Wenn du dich um dich oder andere kümmerst oder mit Menschen kommunizierst, ist es wichtig im Hier-und-Jetzt zu sein.
Eine weise Frau sagte mir einmal: »Der wichtigste Mensch in deinem Leben, außer dir, sollte immer derjenige sein, der dir gegenüber oder neben dir steht.« Was so viel heißt wie, dass man allen Anwesenden seine Achtsamkeit und Präsenz im Hier-und-Jetzt schenken sollte.
Doch es gibt andere Zeiten und Gelegenheiten, in denen man sich in der Vergangenheit oder Zukunft aufhalten kann. Du benötigst Zeit, um dein bisheriges Leben zu verarbeiten. Denn nur durch das, was uns bisher an Erfahrungen zuteilwurde, können wir uns weiter entwickeln. Die Vergangenheit ist das Fundament unserer Entwicklung. Außerdem müssen wir all den Menschen und Lebewesen gedenken, die wir lieben und die nicht bei uns sein können. Und schließlich müssen wir auch schöne Momente oder emotionale Momente noch einmal durchleben, um sie wach zu halten. Ferner brauchen wir Träume und Visionen oder Ziele, auf die wir unser Leben ausrichten. Interessen wandeln sich und mit ihnen die Träume und Ziele. Träume sind wichtig, denn nur aus Träumen und Gedanken erwächst Neues, das es bisher noch nicht gab.
Deswegen brauchen wir alle drei Zustände. Wir sollten keinen Zustand bevorzugen und keinen vernachlässigen. Ein guter Zeitpunkt, die Vergangenheit zu betrachten wäre zum Beispiel kurz vor dem Einschlafen oder während einer Entspannungsübung. Ein guter Zeitpunkt zum Träumen wäre ein Spaziergang in der Sonne oder einen Regentag am Fenster, wenn wir nur in die Ferne blicken und unseren Gedanken Flügel wachsen. Es gibt natürlich noch jede Menge andere Situationen. Du hast bestimmt eine Vorstellung bekommen, wie ich es meine.
Auch hierbei sollten Grenzen gesetzt werden. Da wir Hochsensiblen zu festen Abläufen neigen, kann man sich bestimmte Zeiten frei halten für die Ausflüge in Vergangenheit und Zukunft und dann auch mal anlassbezogen zwischendurch Zeit einräumen.
Doch wichtig ist es immer, zwischendurch bei den alltäglichen Handgriffen und Treffen wieder ins Hier-und-Jetzt zurückzukehren und die Gedanken beisammenzuhalten. Für alles gibt es eben seine Zeit.
Versuche einfach keinen der drei Zustände zu dogmatisieren und ihm ganz zu verfallen. Sobald du beginnst, vermehrt Gedankenkreise zu ziehen, weißt du, dass es nichts mehr bringt, die Sache gedanklich zu verfolgen. Lass den Gedankenkreis los und widme dich wieder alltäglichen Dingen oder Hobbys.
<Rückfälle | Einführung Abgrenzung> |
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Ich bitte Sie, das Vorwort und das Kapitel Selbstentwicklung zu lesen, bevor Sie fortfahren.